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Gesundheitssensible Integrationsförderung bei geflüchteten Menschen – Evaluation Pilotprojekt Triple A

Die Integrationsagenda Schweiz stösst bei der Unterstützung geflüchteter Menschen mit gesundheitlichen Belastungen oft an Grenzen. Die ZHAW evaluierte im Auftrag von drei Kantonen ein Pilotprogramm zur Verbesserung von Strukturen und Angeboten im Dreieck von Integrationsförderung, Gesundheit und Sozialem.

Ergebnis

Die Evaluation hat gezeigt, dass die vorgesehenen Strukturen und Prozesse grundsätzlich geeignet sind für eine erfolgreiche Zielerreichung. Im Evaluationszeitraum von Januar 2023 bis Juli 2025 wurden 129 Personen ins Programm aufgenommen und begleitet. Dank dem raschen Zugang zu geeigneten Unterstützungsmassnahmen, dank der intensiveren Begleitung und dank den neu erschlossenen und besser auf die Zielgruppe zugeschnittenen Angebote, liessen sich trotz teilweise gravierenden Belastungen Stabilisierungs- und Integrationserfolge erreichen, die zuvor noch kaum für möglich gehalten worden waren.

Ausserdem hat das Programm auf struktureller Ebene gewirkt: So wurden Fortschritte in der interinstitutionellen Zusammenarbeit erzielt, und es wurden neue Strukturen im Dreieck von Gesundheit, Integrationsförderung und Sozialbereich geschaffen – zu nennen sind insbesondere der Aufbau der zentralen Ansprech- bzw. Fachstellen für Gesundheit oder die Weiterentwicklung der Angebotslandschaft mit Blick auf die spezifischen Bedarfe der Zielgruppe. Zugleich hat das Programm Entlastungseffekte auf Systemebene erzeugt, indem frühzeitige Interventionen und Koordination ermöglichen, die Personen rascher der richtigen Behandlung zuzuführen und damit sowohl Doppelspurigkeiten als auch hohe Folgekosten in Folge von Chronifizierungen zu vermeiden.

Die Empfehlungen für die Weiterentwicklung und definitive Implementierung des Programms in den kantonalen Strukturen setzen bei den identifizierten – in den drei Kantonen unterschiedlich vorhandenen und ausgeprägten – Lücken, Schwächen und Risiken des Programms an und adressieren folgende Punkte:

  1. die Sicherstellung, dass die angestrebte Früherkennung von Personen mit gesundheitlichen Problemlagen ab Zuweisung in den Kanton wirklich greift;
  2. die Implementierung einer kontinuierlichen Fallführung Gesundheit, die mit ausreichend Ressourcen und Verantwortung ausgestattet ist;
  3. die sensible Gestaltung der Schnittstelle zwischen gesundheitlicher Stabilisierung und beruflicher Integration;
  4. die Schliessung spezifischer Angebotslücken für die Zielgruppe;
  5. die konsequente Weiterführung der Verankerung im Regelsystem über institutionelle und disziplinäre Grenzen hinweg;
  6. Massnahmen im Bereich Wissensgenerierung und Austausch, die die Übertragung von Triple A auf weitere Kontexte und dessen Weiterentwicklung hin zu einer umfassenden gesundheitssensiblen Integrationsförderung unterstützen.

Beschreibung

Ausgangslage

Im Rahmen der Umsetzung der 2019 eingeführten Integrationsagenda Schweiz (IAS) wurde deutlich, dass die adäquate Begleitung von geflüchteten Menschen mit gesundheitlichen – somatischen, psychischen und/oder kognitiven – Belastungen eine besondere Herausforderung darstellt.

Viele können in den vorgesehenen Regelprozessen der Integrationsförderung nicht «mithalten», die bestehenden Prozesse und Angebote erweisen sich oft als nicht passend. Gleichzeitig fehlt es in der Fallführung an Ressourcen oder an spezifischen Kompetenzen sowie an passenden Angeboten, um komplexe oder verborgene Problematiken wirklich zu erkennen und mit den betroffenen Personen die richtigen Schritte und Settings zu finden. Die Folge ist,  dass sich bestehende Problematiken verfestigen und verschlimmern – eine Situation, die weder im Hinblick auf einen würdigen Umgang mit den oft hoch vulnerablen Personen noch aus wirtschaftlicher Sicht befriedigen kann.

Vor diesem Hintergrund initiierten die Kantone Graubünden, Thurgau und Schaffhausen im Rahmen des SEM-Programms «Stabilisierung und Ressourcenaktivierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen» das gemeinsame Pilotprogramm «Triple A»: Mit frühzeitigem Auffangen, mit sorgfältiger Abklärung und mit passenden Anschlusslösungen sollten Chronifizierungen der genannten Problemlagen verhindert und gesundheitliche Stabilisierungs- und berufliche Integrationsprozesse unterstützt werden. 

Das Pilotprogramm wurde als kantonsübergreifendes Kooperationsprogramm während drei Jahren von Januar 2023 bis Dezember 2026 durchgeführt und von der ZHAW evaluiert. 

Ziele, Fragen und Methoden

Die Evaluation verfolgte das Ziel, die konzeptionellen Grundlagen sowie die Umsetzung des Pilotprogramms in den drei Kantonen systematisch zu analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten eine Weiterentwicklung und nachhaltige Verankerung des Programms in der kantonalen Integrationsförderung – und soweit möglich in den Regelstrukturen – unterstützen. Angesichts der Relevanz des Themas wurde davon ausgegangen, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch über die beteiligten Kantone hinaus von Interesse sind.

Die Evaluation orientierte sich an folgenden drei Fragen:

  • Wurden die Projektziele erreicht - inwiefern wurde einer Chronifizierung entgegengewirkt, wurde eine Stabilisierung erreicht und wurden die Chancen auf berufliche Integration erhöht?
  • Welche Konzepte, Strukturen, Prozesse und Ressourcen erwiesen sich im Hinblick auf die Zielerreichung als geeignet?
  • Wo liegen die wichtigsten Chancen und Risiken des Projekts?

Um diese Fragen zu beantworten, umfasste die Evaluation nebst der Sichtung sämtlicher konzeptioneller Unterlagen die Analyse von 55 Interviews mit Fachpersonen (Gesundheitsbereich, Integrations- bzw. Jobcoaching, Sozialdienste, Unterbringungsstrukturen, Abklärungs- und Anschlussangebote); 25 Interviews mit Programmteilnehmenden unter Beizug von Dolmetscher:innen sowie strukturierte Beobachtungen in einem Abklärungsangebot; Dossierdaten zu den im Evaluationszeitraum begleiteten Personen (N=129).

Die besondere Anlage des Programms – die Umsetzung ein- und derselben Projektidee im Kontext je unterschiedlicher kantonaler Settings – erlaubte es zum einen, Stärken und Schwächen der jeweiligen kantonalen Umsetzungsmodelle besonders gut zu fassen. Zum anderen ist eine fundierte Interpretation der empirischen Befunde nur möglich, wenn diese konsequent unter Berücksichtigung der jeweiligen kantonalen Rahmenbedingungen und Strukturen im Asylwesen erfolgt.

Eckdaten

Projektleitung

Projektstatus

abgeschlossen, 10/2023 - 10/2025

Institut/Zentrum

Institut für Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe (IVGT)

Drittmittelgeber

Kanton Graubünden / Fachstelle Integration; Kanton Thurgau / Fachstelle Integration; Kanton Schaffhausen / Integrationsförderung