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Kindesschutz in Zeiten von Covid-19 und darüber hinaus

Auf einen Blick

Beschreibung

Abstract

Steigende Belastungen, umfassende Einschränkungen im privaten und öffentlichen Leben und unsichere Zukunftsperspektiven in Zeiten der Covid-19-Pandemie können Risiken einer Kindeswohlgefährdung erhöht haben, während zugleich die Funktionsfähigkeit des Kindesschutzsystems stark herausgefordert war. Studien zeigen ebenso, dass sich in Krisenzeiten manche Kinder, Eltern und Fachpersonen Ressourcen neu erschliessen konnten und alternative Wege im Umgang mit Stressoren fanden. Vor diesem Hintergrund zielt die im Rahmen des NFP 80 durchgeführte Studie darauf ab, Optimierungsmöglichkeiten in der Leistungserbringung zu identifizieren, die für den Schweizer Kindesschutz während der Covid-19-Pandemie relevant waren. Daraus sollen Strategien für eine wirksamere Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung sowie für Interventionen des Kinderschutzes in Zeiten gesundheitlicher Notlagen oder vergleichbarer gesellschaftlicher Krisen abgeleitet werden.

An dem Projekt sind Eltern, junge Menschen und Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen des Kindesschutzsystems beteiligt. Es richtet sich gleichermassen an Forschende, Fachpersonen und politische Entscheidungsträger:innen. Es soll zu einem widerstandsfähigeren Kindesschutzsystem in der Schweiz beitragen, indem es empirisch fundiertes Wissen, praktische Handreichungen und Möglichkeiten der innerkantonalen Koordination und des interkantonalen Austausches in Krisenzeiten bereitstellt.

Ausgangslage

Während internationale Studien darauf hindeuten, dass die Covid-19-Pandemie die Prävalenz von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung weltweit erhöht und die Leistungsfähigkeit der nationalen Kindesschutzsysteme beeinträchtigt hat, bleibt die Situation in der Schweiz weitgehend unbekannt. Es wurden mehrere Studien über das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz während der Pandemie veröffentlicht, aber keine Studie hat systematisch die Trends bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung analysiert oder die Funktionsweisen der nationalen, kantonalen oder regionalen Kindesschutzsysteme in dieser Zeit eingehend untersucht.

Ziele

Das Projekt soll diese Lücke schliessen, indem es empirische Erkenntnisse darüber liefert,

i) welche Herausforderungen sich im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie für Organisationen ergaben, die mit dem Kindesschutzsystem verbunden sind,

ii) wie sie mit diesen Herausforderungen innerhalb ihrer Organisation und an den Schnittstellen zu anderen Organisationen umgegangen sind,

iii) wie diese Reaktionen von betroffenen Eltern und Kindern wahrgenommen wurden,

iv) wie Eltern und Kinder selbst Probleme während einer Pandemie erlebten und mit ihnen umgingen,

v) zu welchen Ergebnissen dies jeweils führte, und

vi) was aus diesen kombinierten Erfahrungen gelernt werden kann, um das System für den Fall einer weiteren gesundheitlichen Notlage – oder einer vergleichbaren akuten gesellschaftlichen Krise – zukünftig besser vorzubereiten.

Methodik

Das Projekt kombiniert sechs Arbeitspakete:

  1. Arbeitspaket 1 wird zwei systematische Literaturübersichten liefern, eine über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf bestimmte Leistungsbereiche des nationalen Kindesschutzes und eine zweite zu wissenschaftlichen Empfehlungen hinsichtlich politischer Steuerungsmöglichkeiten und Potentiale zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Systems.

  2. Das Arbeitspaket 2 beinhaltet eine umfassende Befragung von Institutionen, die mit den Kindesschutzsystemen in zwei Kantonen in der Deutschschweiz und zwei Kantonen in der Romandie verbunden sind. Die Kantone dienen als Fallstudien. Die Erhebungen lefern Daten über die Häufigkeit von Fällen der Kindesmisshandlung und -vernachlässigung in den teilnehmenden Organisationen vor und während der Pandemie sowie Einschätzungen der Fachpersonen zu den von ihnen beobachteten und erlebten Herausforderungen.

  3. In Arbeitspaket 3 werden Interviews mit Führungspersonen und Mitarbeitenden in ausgewählten Einrichtungen geführt, die ein vertieftes Verständnis für die Erfahrungen der Fachpersonen und die von ihnen gezogenen Schlussfolgerungen liefern, während in

  4. Arbeitspaket 4 die Perspektiven der Eltern, ihrer Kinder und von pädagogisch tätigen Personen in drei Hilfeformen des Kindesschutzes zum Ausdruck kommen (Erziehungsbeistandschaften gemäss Art. 308 Abs. 1 ZGB, sozialpädagogische Familienbegleitung und Heimerziehung).

  5. Im Arbeitspaket 5 werden die aus den Arbeitspaketen 1 bis 4 abgeleiteten Thesen einem interkantonalen Expert:innengremium mittels eines Delphi-Verfahrens vorgelegt. Dies wird dazu beitragen, die Verallgemeinerbarkeit der Erkenntnisse aus den Fallstudien auch für andere Sprachregionen und Kantone zu bestimmen.

  6. Schliesslich wird in Arbeitspaket 6 ein umfassender Forschungsbericht verfasst, der die empirischen Ergebnisse aus einer theoretisch orientierten Perspektive ordnet und interpretiert.

Ergebnisse

Die Studie soll Lücken in der Leistungserbringung während der Covid-19-Pandemie aufzeigen und dazu dienen, Strategien für eine wirksamere Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung sowie für Kindesschutzmassnahmen in Zeiten gesundheitlicher Notlagen oder vergleichbarer gesellschaftlicher Krisen zu entwickeln. Indem sie sich an Forschende, Fachpersonen und politische Entscheidungsträger:innen gleichermassen richtet, kann sie einen wesentlichen Beitrag zu einem widerstandsfähigeren System des Kinderschutzes in der Schweiz leisten. Es sind zwei Promotionen und zahlreiche wissenschaftliche Publikationen aus dem Projekt heraus geplant.

Weiterführende Informationen