Hintergründe jihadistischer Radikalisierung in der Schweiz
Eine explorative Studie mit Empfehlungen für Prävention und Intervention
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Dr. Mirjam Eser Davolio
- Projektteam : Dr. Elisa Banfi, Milena Gehrig, Dr. Brigitta Gerber, Dr. Eva Mey, Dr. Ilona Möwe, Dominik Müller, Dr. Dilyara Müller-Suleymanova, Isabelle Steiner, Dr. Carole Villiger, Laurent Wicht
- Projektvolumen : CHF 75'000
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : Bund (Staatssekretariat für Migration SEM, Direktion für Völkerrecht des EDA, Fachstelle für Rassismusbekämpfung des EDI)
- Kontaktperson : Mirjam Eser Davolio
Beschreibung
Seit jihadistische Gruppierungen im Nahen und Mittleren Osten
erstarkt sind, hat sich deren Gedankengut auch in Europa und in der
Schweiz verbreitet. Vor allem junge Menschen radikalisieren sich.
Bis im August 2020 sind 92 Personen aus der Schweiz in
Konfliktgebiete gereist, um sich extremistischen KämpferInnen
anzuschliessen. Andere beteiligen sich in ihrem Heimatland an
terroristischen Aktivitäten. Zwischen 2012 und 2020 sind 670
NutzerInnen einschlägiger öffentlicher Internetseiten, sozialer
Medien und Foren identifiziert worden.
Diese explorative Studie beleuchtet Hintergründe jihadistischer
Radikalisierung in der Schweiz. Sie zeigt auf, was Jugendliche dazu
bringt, sich radikalisierten Positionen zuzuwenden, wie sie
angeworben werden und wie Fachstellen damit umgehen. Sie benennt
Risikofaktoren auf individueller, gesellschaftlicher sowie
gemeinwesensorientierter Ebene und leitet daraus Empfehlungen für
Prävention und Intervention ab.
Ein interdisziplinäres Team hat die Studie 2015 innerhalb von
sieben Monaten realisiert. Es hat schweizweit Personen befragt, die
mit dem Phänomen potenziell zu tun haben. Dazu zählen muslimische
Jugendliche, RückkehrerInnen, Extremismusfachleute,
WissenschaftlerInnen sowie VertreterInnen öffentlicher
Institutionen und muslimischer Organisationen. Die Forschenden
haben zudem Propaganda im Internet untersucht und Präventions- und
Interventionsmassnahmen erarbeitet, wobei sie sich auf Erfahrungen
anderer europäischer Staaten abgestützt haben. Die Erhebung ist von
drei Bundesstellen (Staatssekretariat für Migration SEM, Direktion
für Völkerrecht DV und Fachstelle für Rassismusbekämpfung FRB)
finanziert worden.
Die Ergebnisse zeigen, dass bruchstückhaftes religiöses Wissen
sowohl KonvertitInnen als auch muslimische Jugendliche für radikale
Inhalte anfällig macht. Auch die Erfahrung von Ausgrenzung kann
eine Rolle dabei spielen, ob sich jemand radikalisiert.
Insbesondere Kinder von ImmigrantInnen erleben Diskriminierungen.
Sie werden beispielsweise beim Zugang zu Bildung und Beruf
benachteiligt. Zudem können Lebenskrisen oder psychische
Erkrankungen dazu beitragen, dass sich jemand extremistischen
Positionen zuwendet.
Radikalisierung findet nicht primär in Moscheen, sondern in erster
Linie über Kontakte zu Gleichaltrigen und übers Internet statt. Der
Islamische Staat (IS) nutzt dieses intensiv. In seinen
Propagandawerken stellt er häufig Gewalt gegen Muslime dar.
SympathisantInnen, die in Konfliktgebiete reisen, tun dies zum Teil
mit der humanitären Absicht, Kriegsopfer zu unterstützen. Vor Ort
erleben sie dann oft eine Ernüchterung.
Öffentliche Institutionen, die sich mit sozialen und schulischen
Themen befassen, verfügen bereits über Erfahrungen im Umgang mit
gewaltbereiten Jugendlichen. An spezifischem Fachwissen über
Hinwendungsprozesse und jihadistische Radikalisierung mangelte es
im Erhebungsjahr 2015 allerdings noch. Auch die Vernetzung der
betroffenen AkteurInnen zeigte Verbesserungsbedarf.
Weiterführende Informationen
Publikationen
-
Eser Davolio, Miryam; Lenzo, Daniele,
2017.
Radikalisierung & Extremismus.
St.Gallen:
Redaktion sicher!gsund!.
sicher!gsund!.
-
Eser Davolio, Miryam,
2017.
Good Governance - besonnen Stellung beziehen gegen Polarisierung und Extremismus.
Punktum.
2017, S. 8-9.
-
Müller, Dominik; Müller-Suleymanova, Dilyara; Eser Davolio, Miryam,
2017.
.
In:
Hohnstein, Sally; Herding, Maruta, Hrsg.,
Digitale Medien und politisch-weltanschaulicher Extremismus im Jugendalter.
Halle (Saale):
Deutsches Jugendinstitut.
S. 83-107.
Schriftenreihe der AFS ; 13.
Verfügbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:2-89569
-
2017.
Hintergründe jihadistischer Radikalisierung in der Schweiz - eine Fallstudie
.
In:
Böckler, Nils; Hoffmann, Jens, Hrsg.,
Radikalisierung und extremistische Gewalt : Perspektiven aus dem Fall- und Bedrohungsmanagement.
Frankfurt am Main:
Verlag für Polizeiwissenschaft.
S. 155-165.
-
2017.
Jihadistische Radikalisierung in der Schweiz - eine Aufgabe für die Soziale Arbeit?.
Migration und Soziale Arbeit.
2017(3), S. 242-248.
-
Müller-Suleymanova, Dilyara; Müller, Dominik,
2017.
Migration und Soziale Arbeit.
2017(3), S. 249-257.
Verfügbar unter: https://content-select.com/de/portal/media/view/5a287cc7-42bc-486d-b838-1977b0dd2d03
-
2016.
Auf der Spur jihadistischer Radikalisierung in unseren Breitengraden.
Swissfuture.
2016(1), S. 34-36.
Verfügbar unter: https://doi.org/10.21256/zhaw-5549
-
Eser Davolio, Miryam; Banfi, Elisa; Gehrig, Milena; Gerber, Brigitta; Luzha, Burim; Mey, Eva; Möwe, Ilona; Müller, Dominik; Steiner, Isabelle; Suleymanova, Dilyara; Villiger, Carole; Wicht, Laurent,
2015.
Zürich:
ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Verfügbar unter: https://doi.org/10.21256/zhaw-5548
-
Eser Davolio, Miryam; Banfi, Elisa; Gehrig, Milena; Gerber, Brigitta; Luzha, Burim; Mey, Eva; Möwe, Ilona; Müller, Dominik; Steiner, Isabelle; Suleymanova, Dilyara; Villiger, Carole; Wicht, Laurent,
2015.
Zürich:
ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Verfügbar unter: https://doi.org/10.21256/zhaw-5547