Die Kultur und Kreativwirtschaft in Winterthur und Region - Empirische Potenzial- und Entwicklungsstudie
Strukturelle Aspekte - Empirische Erhebungen - Handlungsfelder

Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Birgitta Borghoff
- Projektteam : Philipp Klaus (INURA Zürich Institut), Thomas Lang (Perform now)
- Projektvolumen : CHF 40'000
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : Interne Förderung (ZHAW School of Management & Law), Öffentliche Hand (ohne Bund) (Standortförderung, Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Stadtentwicklung & Standortförderung Region Winterthur)
- Projektpartner : Standortförderung, Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Standortförderung Region Winterthur, Stadtentwicklung Winterthur
- Kontaktperson : Birgitta Borghoff
Beschreibung
MANAGEMENT SUMMARY
Mit der empirischen Potenzial- und Entwicklungsstudie «Die Kultur
und Kreativwirtschaft in Winterthur und Region» im Auftrag der
Stadtentwicklung Winterthur, Standortförderung Region Winterthur,
Standortförderung – Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons
Zürich und der ZHAW School of Management & Law werden erstmals
relevante Daten, Informationen und Entwicklungstendenzen zum
Standort Winterthur und Region sowie dessen Teilmärkten der Kultur
und Kreativwirtschaft erhoben. Herausgeber der Studie ist das
Zentrum für Kulturmanagement der ZHAW. Im Fokus stehen die
räumlichen, beschäftigungspolitischen und angebotsrelevanten
Potenziale sowie die Erarbeitung von adäquaten Szenarien,
Strategien und Massnahmen zur Entwicklung von Clustern der
städtischen und regionalen Kultur und Kreativwirtschaft.
Neben der Erfassung statistischer Strukturdaten auf Basis der Betriebszählung 2008 wurden Akteure sowie Unternehmen der verschiedenen Teilmärkte der Kultur und Kreativwirtschaft in Winterthur und Region mittels quantitativer Online-Umfrage sowie sechs qualitativen Experteninterviews und vier Fokusgruppen-Diskussionen zu ihren Arbeitsweisen, Erfahrungen, Meinungen und Einschätzungen befragt. Insgesamt haben 99 Personen die Online-Umfrage beantwortet. Dies entspricht einem Rücklauf von 12,5 Prozent einer Grundgesamtheit von 789 Betrieben, was als gutes Resultat betrachtet werden kann. Die Ergebnisse der empirischen Analysen wurden in einem sparten- und netzwerkübergreifenden Kreativworkshop mit 15 Akteuren aus den Teilmärkten Design- und Musikwirtschaft, Architektur, Kunst und Darstellende Kunst vertieft sowie erste Entwicklungspotenziale und weitere Ideen auf Sinnhaftigkeit und Machbarkeit überprüft. Seitens des Projektteams wurden anschliessend ein Entwicklungsmodell, verschiedene Szenarien, Strategien und Massnahmen für die künftige Entwicklung relevanter Teilmärkte erarbeitet sowie basierend auf einer abschliessenden SWOT-Analyse zur Potenzialentwicklung entsprechende Empfehlungen skizziert.
STRUKTURELLE ASPEKTE – RELEVANTE KENNZAHLEN UND STAKEHOLDER
Winterthur verfügt über ein eigenständiges und vielfältiges
Kulturleben mit interessanten und zum Teil bekannten Aufführungs-
und Ausstellungsorten. Mit Blick auf den Standortquotienten als
Mass zum Vergleich der regionalen Stärke der Kultur und
Kreativwirtschaft im Verhältnis zu Zürich weist die Stadt
Winterthur überdurchschnittliche Beschäftigungsanteile in den
Branchen Kulturunterricht (2,95), Museen (3,55), Theater- und
Ballettgruppen (4,93), Fotografie (2,03) und Tonstudios (9,99) auf.
Stark untervertreten sind hingegen die Teilmärkte der neueren
Kreativwirtschaft wie Rundfunk (0,14), Presse (0,4) und Werbung
(0,42) sowie die Design- (0,37) und Filmwirtschaft (0,62), die eine
gewisse Wertschöpfungsstärke ausweisen, die es zu nutzen gilt. Als
wichtige Anspruchsgruppen der Studie gelten neben Kapital- und
Auftraggebern, Staat und Politik insbesondere die Akteure und
Unternehmen der städtischen und regionalen Kultur und
Kreativwirtschaft in Form von Netzwerken, Strukturen, Kunden und
Lieferanten
EMPIRIE – RESULTATE DER BEFRAGUNGEN
Für die Teilmärkte Film, Darstellende Kunst, Design, Architektur,
Software-/Games-Industrie und Kunst ist eine positive Grundstimmung
bezüglich Beschäftigungs- und Umsatzdynamik zu verzeichnen.
Winterthur wird von 89 Prozent der Befragten vornehmlich als
Kulturstadt wahrgenommen, wobei der Standort auch in Bezug auf
unternehmerische Freiheit (69 Prozent) und inspirierende Umgebung
(76 Prozent) als sehr positiv beurteilt wird. Hinsichtlich
Infrastruktur und Räume wird die Qualität, nicht aber die Quantität
von Veranstaltungsorten bemängelt (Gute Veranstaltungsorte:
Zustimmung 48 Prozent). Bestehende Cluster in den Bereichen
Medizinaltechnik und Gesundheit in Verbindung mit der in Winterthur
ansässigen ZHAW bieten ideale Voraus-setzungen für die Entwicklung
der Winterthurer Designwirtschaft. Ein Potenzial des Teilmarkts
Musik könnte darin bestehen, die typischen Wellenbewegungen in der
Szene aufzufangen, indem sich Winterthur als Livemusik-Stadt
positioniert und nach neuen Wegen sucht, um den Verlust der
Musikhochschule zu kompensieren. Der interthurer Architekturmarkt
hängt unter anderem von den Bautätigkeiten in der Region ab. Die
wachsende Nachfrage und gute Auftragslage der Winterthurer
Architektur- und Innenarchitekturbüros sprechen dafür, dass sich
der Teilmarkt Architektur langfristig aus sich selbst heraus
entwickeln wird. Der Immobilienmarkt Winterthurs bietet somit
Chancen zur Attraktion von Kultur- und Kreativunternehmen aus
Zürich. Die Entwicklung des Kunstmarkts und des Markts der
Darstellenden Kunst bleibt grundsätzlich eine Frage der
langfristigen Entwicklung und existierenden finanziellen Mittel.
Die Eröffnung eines Kulturbüros für die verschiedenen Akteure des
kulturellen Sektors bietet eine von mehreren Möglichkeiten,
entsprechende Ressourcen und Infrastrukturen bewusst zu
bündeln.
HANDLUNGSFELDER – RESULTATE AUS DEN WORKSHOPS
Zur Verbesserung der Situation der Kultur und Kreativwirtschaft in
Winterthur und Region werden erstens ein Kreativhaus/Zentrum für
Kultur, zweitens die Realisierung einer Kreativtagung
beziehungsweise Zukunftswerkstatt sowie drittens die Etablierung
eines Administrations-Hubs auf Seiten der Workshop-Teilnehmenden
priorisiert.
SCHLUSSFOLGERUNGEN – POTENZIALE
Die Chancen der Stadt Winterthur bestehen in einer intensiveren
Vernetzung der verschiedenen Teilmärkte und Branchen der Kultur und
Kreativwirtschaft untereinander sowie dem bewussten Einbezug der
verschiedenen Hochschuldepartemente der ZHAW. Insbesondere die
Teilmärkte Design, Architektur und Musik bieten gute
Voraussetzungen für eine verstärkte Entwicklung. Die
Selbstbezogenheit Winterthurs begünstigt eigenständige
Entwicklungen, die es zu akzentuieren und in ökonomische Werte
umzumünzen gilt. Andererseits gefährdet der starke Selbstbezug in
Teilen der Winterthurer Kultur und Kreativwirtschaft
Exportorientierung und Innovationen.
Aufgrund der starken Verflechtungen der Kultur mit der Kreativwirtschaft betreffen Kürzungen im öffentlichen Kulturbudget auch weite Teile der Kreativwirtschaft wie beispielsweise den Design-, Event- und Musikmarkt aber auch den Markt der Darstellenden Kunst sowie den Kunstmarkt. Ohne ein klares Commitment mit Signalwirkung und äussere Anreize gehen Elan und Erneuerungswille schnell verloren. Aufgrund der geringen Beschäftigungsquote in Winterthur stellen sich darüber hinaus grundsätzliche über die Kultur und Kreativwirtschaft hinausgehende strukturelle Fragen.
EMPFEHLUNGEN DES PROJEKTTEAMS:
Eine adäquate Fo¨rderung der Kultur und Kreativwirtschaft erfordert
verschiedene Massnahmen, die im Sinne einer Gesamtstrategie
sorgfältig geplant, kontinuierlich entwickelt und umgesetzt werden
müssen. Eine zukunftsfähige Vision, heruntergebrochen in ein
netzwerk- und spartenübergreifendes Konzept mit dem Ziel, konkrete
Initiativen und Projekte für die Entwicklung der Winterthurer
Kultur und Kreativwirtschaft anzustossen, wäre eine lohnenswerte
Konsequenz aus den Ergebnissen dieser Forschungsstudie.
Idealerweise wird ein solches Konzept in Kooperation von Stadt,
Kanton, Wirtschafts- und Kulturförderung, Hochschule sowie weiteren
Stakeholdern aus den verschiedenen Teilmärkten der Kultur und
Kreativwirtschaft gemeinsam erarbeitet und spiegelt sich in der
Umsetzung konkreter Projekte wider.
Auf Basis der verschiedenen Analysen empfiehlt das Projektteam des Zentrums für Kulturmanagement der ZHAW daher eine schrittweise Implementierung kurz-, mittel- und langfristiger Szenarien, Strategien und Massnahmen für die kontinuierliche Entwicklung der Kultur und Kreativwirtschaft in Winterthur und Region.