Evaluation und Bestandesaufnahme Wöchnerinnen in der Schweiz
Eine Studie im Aufrag des Bundesamtes für Gesundheit
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Claudia König
- Projektteam : Prof. Dr. Jessica Pehlke-Milde
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : Bund
- Kontaktperson : Jessica Pehlke-Milde
Beschreibung
Am 30. August 2002 beauftragte die Kommission für soziale
Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) mit dem
Postulat Goll den Bundesrat, einen Bericht über den
Gesundheitszustand von Wöchnerinnen und deren Betreuung zu
erstellen. Am 23. Oktober 2002 erklärte sich der Bundesrat bereit
das Postulat entgegenzunehmen. In einem ersten Schritt wurde durch
das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) eine
Literaturübersicht „Nachbetreuung von Wöchnerinnen“ erstellt (Beck
and Knoth 2003). 2009 wurde zudem ein Bericht über den
Gesundheitszustand von Wöchnerinnen verfasst (KoLe-Bericht).
Zielstellung des hier dokumentierten Teilprojekts ist nun, die
Versorgungsangebote für Wöchnerinnen in der Schweiz in einer
Bestandsaufnahme des Betreuungs-, Beratungs- und
Unterstützungsangebots darzustellen.
Dies umfasst konkret folgende Zielstellungen:
1. Eine Übersicht über die wichtigsten Akteure und Angebote zu
gewinnen.
2. Das Versorgungsangebots aus Sicht von Expertinnen und Experten
der Wochenbettbetreuung zu evaluieren.
3. Die Datenlage zu bezogenen und vollbrachten Leistungen im
Wochenbett zu erfassen.
Dabei haben sich folgende Ergebnisse heraus kristallisiert:
1. Multiprofessionelle Betreuung und Beratung für
Wöchnerinnen
Die Betreuung, Unterstützung und Beratung im Wochenbett wird in der
Schweiz von den Berufsgruppen der Hebammen, Pflegefachpersonen,
Stillberaterinnen, Mütterberaterinnen sowie von
Ärztinnen und Ärzten wahrgenommen. Im Rahmen der stationären
Versorgung wirken vor allem
Pflegefachpersonen und Stillberaterinnen, in der ambulanten
Versorgung Hebammen, Stillberaterinnen und
Mütterberaterinnen.
2. Versorgungsangebot insgesamt gut
Im Rahmen einer qualitativen Evaluation des Versorgungsangebotes
aus Sicht beruflicher Expertinnen und Experten ergab, dass das
aktuelle Versorgungsangebot insgesamt als gut bewertet wird. Die
Leistungen im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
sind vielfältig, werden von sehr gut qualifiziertem
Gesundheitspersonal erbracht und können von den Frauen bis zum
Abschluss des Wochenbetts in Anspruch genommen werden.
3. Fragmentiertes Angebot ohne personelle Kontinuität
Eingeschränkt wird diese positive Bewertung durch die Feststellung,
dass das Versorgungsangebot fragmentiert und eine kontinuierliche
Betreuung der Frauen und ihrer Familien kaum möglich ist. In
bestimmten Regionen der Schweiz besteht zudem ein Mangel an frei
praktizierenden Hebammen, so dass es zum Teil zu Versorgungslücken
nach der Entlassung aus den Spitälern kommt. Darüber hinaus werden
aus Sicht der Expertinnen und Experten Potentiale der
Gesundheitsförderung und Prävention nicht ausreichend genutzt, und
es fehlt an spezifischen Versorgungsangeboten für Frauen in
schwierigen, sozialen Lebenslagen.
4. Handlungsbedarf hinsichtlich Einführung der
leistungsbezogenen Vergütung
Insgesamt lassen die Ergebnisse darauf schliessen, dass das
Versorgungsangebot in Hinblick auf den sozialen Wandel und auf die
daraus resultierenden veränderten Anforderungen weiterentwickelt
werden sollte. Die Einführung der leistungsbezogenen Vergütung wird
voraussichtlich zu einer weiteren Verlagerung der
Wochenbettbetreuung in den ambulanten Sektor führen. Eine politisch
gestützte, vorausschauende Entwicklung neuer Versorgungskonzepte
und -strukturen sowie die Sicherung entsprechender personeller
Ressourcen wären dann erforderlich.
Neben den Expertinnen- und Experteninterviews wurden auch Datenerhebungen der Leistungserbringer in der Wochenbettzeit ausgewertet. Dabei zeigt sich folgendes Bild:
1. Evaluation der Nachfrage: Wenig empirisch gesichertes
Wissen
Es gibt eine Reihe Datenerhebungen über erbrachte Dienstleistungen
verschiedener Akteure in der postpartalen Phase, die für eine
detaillierte Betrachtung herangezogen werden könnten. Was
allerdings weitgehend fehlt, ist die Berücksichtigung der
Nachfrageseite. Zudem lassen sich die verschiedenen Datenbanken
lediglich vergleichen, nicht jedoch verlinken. Eine kontinuierliche
Datenerhebung wäre wünschenswert, um Informationen über die
Veränderung über die Zeit gewinnen zu können. Das würde erlauben,
die Angebote anhand empirischer Erkenntnisse an die veränderten
Rahmenbedingungen anzupassen.
2. Beratung im Umgang mit der neuen Lebenssituation
Die Auswertung der verfügbaren Daten ergab, dass die grosse
Mehrheit der betreuten Frauen eine Beratung im Umgang mit der neuen
Lebenssituation sucht. Zentral sind dabei Fragen rund um das
Stillen resp. zur Ernährung und zur Pflege des Kindes. In den
ersten zehn Tagen nach der Geburt liegen darüber hinaus
medizinische Indikationen bei Mutter und/oder Kind vor, die eine
Betreuung begründen. Dabei waren bei den Müttern die Wundheilung
und bei den Kindern eine Hyperbilirubinämie die häufigsten Gründe.
Sowohl Hebammen als auch Mütterberaterinnen werden zudem wegen
psycho-sozialer Probleme aufgesucht.
Publikationen
-
Pehlke-Milde, Jessica; König, Claudia,
2011.
Die Wochenbettsituation in der Schweiz.
Hebamme.ch.
2011(5), S. 13-14.
-
König, Claudia; Pehlke-Milde, Jessica,
2010.
Bern:
Bundesamt für Gesundheit.