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Wie Non-Profit-Organisationen nach der Krise innovativ werden können

Wer gemeinnützig tätig ist, muss erfinderisch sein – das ist eine der Stärken von NPO. Mit der Pandemie haben sich ihre Herausforderungen verändert. Fünf Trends.

von Konstantin Kehl

Die Corona-Pandemie setzt Non-Profit-Organisationen unter Druck. Sie müssen mit finanziellen Einbussen rechnen. Und wegen gesundheitlicher Risiken ist ihre tägliche Arbeit teilweise erschwert oder sogar stark eingeschränkt. Aber die Krise brachte auch neue Gelegenheiten mit sich. Viele NPO entdecken nun zum Beispiel die Chance, Neues zu entwickeln und zu erproben. Zudem profitieren sie davon, dass die Sensibilität in der Gesellschaft für gemeinnützige Anliegen während der Krise gewachsen ist.
Jetzt geht es darum, dass sich NPO auf ihre Stärken besinnen und innovative Angebote und agile Organisationsmodelle entwickeln. Was wird sich für die Organisationen konkret ändern? Und wie können sie optimal darauf reagieren? Fünf Trends zeichnen sich ab:

1. Neue Zielgruppen

Die ökonomischen und gesundheitlichen Folgen des Virus führen zu einer Verschärfung von sozialen Problemen und zu neuen Risiken. Nehmen wir das Stichwort Arbeitsintegration: Was geschieht mit Personen, die durch die Pandemie nicht nur temporär, sondern vermutlich auf lange Sicht ihren Job verloren haben? Einigen Branchen wird vorausgesagt, dass sie trotz der neuen Normalität über Jahre hinweg an den Folgen der Corona-Krise leiden könnten, beispielsweise die Gastronomie, der Tourismus und der Flugverkehr. Dazu kommen alle Menschen am Rande der Gesellschaft, deren Situation sich durch den Shutdown zum Teil erheblich verschlechtert hat. Dazu gehören etwa die geschätzt rund 100'000 Sans-Papiers in der Schweiz oder als ganzer Wirtschaftszweig der Bereich Sex-Arbeit, in dem eine korrekte Umsetzung der gebotenen Hygiene- und Abstandsregeln mehr als schwierig erscheint.

2. Neue Angebote

Den neuen sozialen Problemen und Risiken gilt es, mit bedarfsgerechten Angeboten zu begegnen. Beispiel Familienberatung: Was vor Corona gut war, als die Eltern regelmässig zur Arbeit und die Kinder in die Schule gingen, muss in Zeiten von Home-Office und Homeschooling nicht notwendigerweise passen. Die ständige Nähe ist ein potenzieller Konfliktherd, der in schlimmsten Fällen zu häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch führen kann. Oder stellen wir uns niederschwellige Anlaufstellen für Personen vor, die von Abhängigkeitserkrankungen, Armut oder Gewalt betroffen sind und die seit der Pandemie nur noch einer begrenzten Anzahl Personen Zuflucht bieten können. Hier haben NPO und die Soziale Arbeit einen Auftrag, neue Angebote zu entwickeln, um diese Gruppen auch in aufsuchender Weise zu unterstützen.

3. Neue Arbeitsformen

Soziale Dienstleistungen können in vielen Fällen nicht mehr in den gewohnten Settings erbracht werden. Mittel- bis langfristig etablieren sich Arbeits- und Angebotsformen unter Berücksichtigung der Distanzregeln. Betriebe werden agile Strukturen und Prozesse entwickeln, mit denen sie flexibel auf kurzfristige Ausfälle – etwa aufgrund von Quarantäne – reagieren können. Womöglich werden durch diese Entwicklung generell neue Arbeitsmodelle salonfähig, unter anderem für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ebenfalls hat die Krise das Potenzial des zivilgesellschaftlichen Engagements und von neuartigen Kooperationen offengelegt. Dieses gilt es nun zu nutzen.

4. Angepasste Organisationsmodelle

Wo Menschen verstärkt in virtuellen Umgebungen zusammenwirken, da ändern sich notwendigerweise die Anforderungen an eine effektive, effiziente, zugleich wert- und sinnstiftende Arbeitsorganisation. Die intrinsische Motivation und eine hohe Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden ist in NPO, vor allem im Sozialbereich, ein hohes Gut. In modernen und agilen Organisationen, in denen mehr als früher dezentral und asynchron agiert wird, braucht es Modelle, bei denen der gemeinsame Auftrag immer klar ist, Wertschätzung für das Geleistete kommuniziert und den Mitarbeitenden ein Höchstmass an Flexibilität gewährt wird. In diesem Kontext kommt es auf Leitungspersonen an, die integrative Ansätze der Führung und des Miteinander entwickeln. Jedoch müssen sich auch die Mitarbeitenden selbst austauschen, ihre Ideen einbringen und Probleme bei der Leitung deponieren können. Dabei hilft ein Umdenken bei Organisations- und Führungsmodellen sowie der intelligent kombinierte Einsatz von digitalen Tools.

5. Effiziente Lösungen

Im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise ist die Schweiz im internationalen Vergleich bisher einigermassen glimpflich davongekommen. Doch auch hierzulande sind Unsicherheiten entstanden. Die Kassen werden in der Zukunft tendenziell leerer sein als in den vergangenen Jahren, und die wirtschaftliche Flaute dürfte sich auf die Spendenfreudigkeit negativ auswirken. Anbieter müssen sich mit ihren Angeboten, Arbeits- und Organisationsformen deshalb nicht nur neu aufstellen, sondern eine Organisationskultur sowie Strukturen und Prozesse entwickeln, die es erlauben, schnell, agil und kreativ auf neue Situationen zu reagieren. Denn die Corona-Fallzahlen sind zwar momentan vergleichsweise tief. Jedoch zeigen Beispiele in anderen Ländern, wie schnell neue Infektionsherde aufflammen können und Massnahmen ergriffen werden müssen.