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Ich habe nicht früh genug «Stopp» gesagt

«Eigentlich bin ich nur so reingerutscht.» Katharina M. kümmert sich seit fünf Jahren um ihre pflegebedürftige Mutter: Sie habe sich stets verantwortlich gefühlt. Was nach einem ganz alltäglichen Pflegeverhältnis klingt, kann problematisch werden.

Mann hilft einem alten Mann die Treppe hinunter in einem Wohnhaus.

Wie Katharina M. geht es vielen Töchtern und zum Teil auch Söhnen. Schrittweise übernehmen sie immer mehr Unterstützungs- und Betreuungsaufgaben – und stossen dabei früher oder später an ihre Grenzen. Häusliche Gewalt kann eine Folge dieser Überforderung sein. Welche Umstände führen zu häuslicher Gewalt im Alter, was kann die Prävention leisten? Eine Studie soll dazu beitragen, den Schutz von betreuungsbedürftigen alten Menschen und ihren Betreuungspersonen im häuslichen Umfeld zu verbessern.

Reflexion des Gewaltverständnisses
Bei der Zuordnung von Täter- und Opferrollen ist in diesem Kontext Vorsicht geboten – insbesondere bei Betreuungsverhältnissen, in denen sich über Jahre wenig wertschätzende bis destruktive Beziehungsmuster etabliert haben: Denn Opfer und Täter können in einer Person vereint sein. Es ist also notwendig, das Gewaltverständnis zu reflektieren und den Fokus nicht ausschliesslich auf eine Einzelperson zu richten, sondern das ganze Familiensystem zu berücksichtigen.

Sechs Konfliktmuster
Die Studie liess sechs Konfliktmuster erkennen – mit jeweils unterschiedlichen Bedingungen zur Konfliktentstehung und Möglichkeiten der Unterstützung durch Fachpersonen.

  • Intergenerative Verstrickung
  • Partnerschaft und demenzielle Entwicklung
  • Geschwisterkonflikt um Betreuungsleistung und Finanzierung
  • Soziale Nähe und finanzielle Ausnutzung
  • Soziale Isolation und nachbarschaftliches Umfeld
  • Handlungsautonomie und Schutzbedarf

Selbstreflexion – ein wichtiger Faktor für die Prävention
Es besteht ein klarer Zusammenhang zwischen der Qualität der Beziehung und den Motiven zur Übernahme von Betreuungsaufgaben. Reflektieren die betroffenen Personen ihre Situation und nehmen eine distanzierte Selbsteinschätzung der Beziehungsqualität, der Ressourcen und des Unterstützungsbedarfs vor, ist dies ein wichtiger präventiver Schritt, um Überforderung vorzubeugen. Fachpersonen sollen unbedingt dazu anregen. Um ihnen und den Betroffenen ein geeignetes Hilfsmittel an die Hand zu geben, wurde eine Informationsbroschüre erstellt.

Enttabuisierung kann Gewalt verhindern
Wenn das Thema Überforderung enttabuisiert wird, die Betroffenen ohne Scham darüber sprechen können und wissen, wo sie im Bedarfsfall Hilfe erhalten, lassen sich negative Entwicklungen erkennen und rechtzeitig Massnahmen dagegen ergreifen. Für Menschen wie Katharina M. und ihre Mutter bedeutet dies nicht nur Unterstützung, sondern auch das Gefühl, nicht alleine zu sein – und es kann letztlich verhindert werden, dass sich ungesunde Verhaltensmuster etablieren und Gewalt entsteht.

Informationsbroschüre
Die Broschüre «Häusliche Betreuung alter Menschen» gibt betreuenden und betreuten Personen nützliche Tipps und Angaben zu Unterstützungsleistungen. Sie kann online bestellt werden.

Informationsbroschüre bestellen
Informationsbroschüre herunterladen(PDF 3,4 MB)
Zum Forschungsprojekt