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Ampelmethode: die Kunst der Deeskalation

Für Jacqueline Riedo, Dozentin im CAS Konfliktmanagement und Mediation, hat sich die Ampelmethode in der Praxis als besonders wertvoll erwiesen. In dieser Miniserie zeigt sie Ihnen, wie Sie die Methodik effektiv in Ihren sozialarbeiterischen Alltag einbauen können.

Die Ampelmethode erklärt

Die Ampelmethode ist ein bewährtes Instrument im Konfliktmanagement, das Sozialarbeitenden hilft, Konflikte frühzeitig zu erkennen und effektiv zu deeskalieren. Diese Methode teilt Konfliktsituationen in drei Phasen ein, die durch die Farben einer Ampel symbolisiert werden: Grün, Gelb und Rot. Jede Phase erfordert spezifische Verhaltensweisen und Techniken, um Konfliktsituation zu entschärfen oder eine Eskalation zu vermeiden.

Grün: die ruhige Phase

Bedeutung: In der grünen Phase ist die Situation ruhig. Alle Beteiligten sind entspannt, die Kommunikation verläuft offen und respektvoll.

Verhalten: In dieser Phase ist es wichtig, aktiv zuzuhören und Empathie zu zeigen. Konstruktive Gesprächstechniken wie Ich-Botschaften, aktives Zuhören, Nachfragen und Zusammenfassen sollten angewendet werden. Beschreiben Sie, was Sie wahrnehmen, ohne Urteile zu fällen, und zeigen Sie Verständnis. Die Kommunikation sollte auf Augenhöhe stattfinden, begleitet von Augenkontakt und der Beachtung nonverbaler Zeichen, etwa Zunicken statt Augenrollen. Das Ziel ist, nach Lösungen zu suchen und nicht nach Schuldigen.

Beispiel 1: Eltern kommen zu Ihnen als Schulsozialarbeiterin oder Schulsozialarbeiter, weil ihr Sohn Schwierigkeiten in der Schule hat. In der grünen Phase hören Sie den Eltern aktiv zu, stellen klärende Fragen und zeigen Verständnis für ihre Sorgen. Eine mögliche Frage könnte sein: «Können Sie mir genauer beschreiben, welche Schwierigkeiten Ihr Sohn in der Schule hat?»

Beispiel 2: Eine Klientin in Ihrer Beratungsstelle berichtet ruhig über Konflikte am Arbeitsplatz. In der grünen Phase ist es wichtig, ihre Erzählungen ernst zu nehmen und durch Fragen wie «Was glaubst du, ist der Hauptgrund für diese Konflikte?» weitere Details zu erfahren.

Gelb: die angespannte Phase

Bedeutung: In der gelben Phase beginnt die Situation, sich zuzuspitzen. Es gibt Anzeichen von Unruhe oder Frustration, aber der Konflikt ist noch kontrollierbar.

Verhalten: In dieser Phase sollten Sie ruhig bleiben und eine klare, strukturierte Kommunikation bewahren. Benennen Sie die beobachteten Emotionen und versuchen Sie, die Gefühle der Klientinnen und Klienten zu validieren. Zeigen Sie, dass Sie die Perspektiven aller Beteiligten verstehen wollen und arbeiten Sie gemeinsam an Lösungsideen. Dabei ist es wichtig, den Spielraum und die Rahmenbedingungen zu definieren, Lösungsideen zu sammeln und einen Unterstützungsplan zu erstellen. 

Beispiel 1: Die Eltern äussern ihre Frustration darüber, dass ein:e Lehrerin nicht ausreichend auf die Probleme ihres Sohnes eingehen. In der gelben Phase könnten Sie sagen: «Ich sehe, dass Sie frustriert sind. Es ist verständlich, dass Sie sich Sorgen machen. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir die Lehrkräfte besser einbeziehen können.»

Beispiel 2: In Ihrem Jugendzentrum wird ein Jugendlicher laut und beschwert sich über die Regeln. Hier könnten Sie antworten: «Ich merke, dass dich die Regeln frustrieren. Kannst du mir mehr darüber erzählen, was genau dich stört? Vielleicht finden wir eine Lösung.»

Rot: Die eskalierte Phase

Bedeutung: In der roten Phase ist der Konflikt eskaliert. Emotionen kochen hoch, und es besteht die Gefahr, dass die Situation ausser Kontrolle gerät.

Verhalten: In dieser Phase sollten Sie versuchen, die Situation zu beruhigen, indem Sie klare, kurze Anweisungen geben und keine pädagogischen Vorträge halten. Bieten Sie Massnahmen zur Entspannung an, wie eine kurze Pause, Wasser oder Lüften. Kleine Zugeständnisse und das Zeigen von Verständnis können ebenfalls hilfreich sein. Es kann notwendig sein, das Gespräch abzubrechen und Schutz zu suchen oder das Setting zu wechseln, wobei Sie die Fluchtwege kennen sollten. Unterstützung kann durch Alarm oder ein Codewort im Team angefordert werden. Es ist wichtig, die eigenen Gefühle zu kontrollieren. 

Beispiel 1: Die Eltern beginnen, laut zu werden und drohen, die Schule zu wechseln. In der roten Phase könnten Sie ruhig sagen: «Ich verstehe, dass Sie sehr verärgert sind. Lassen Sie uns eine kurze Pause machen, damit wir danach in Ruhe weiterreden können. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam eine Lösung finden.»

Beispiel 2: In Ihrer Notunterkunft eskaliert ein Streit zwischen zwei Bewohnern. Hier könnten Sie eingreifen mit: «Es ist wichtig, dass wir jetzt alle ruhig bleiben. Lassen Sie uns eine kurze Pause machen und dann getrennt über die Situation sprechen.»

Fallbesprechung und Nachbearbeitung

Nach der Deeskalation ist es entscheidend, den Vorfall gründlich nachzubereiten. Dies umfasst die Reflexion des eigenen Verhaltens und der angewanten Massnahmen, um zukünftige Situationen besser bewältigen zu können. Eine strukturierte Fallbesprechung im Team kann helfen, verschiedene Perspektiven zu beleuchten und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Dabei sollten Sie die Bedürfnisse der Beteiligten berücksichtigen und darauf achten, dass alle offenen Fragen geklärt werden. Die Nachbereitung stärkt nicht nur die eigene Kompetenz, sondern fördert auch die Zusammenarbeit und das Vertrauen im Team.

Jacqueline Riedo

Erfahrungshintergrund als Sekundarlehrerin und Schulleiterin. Seit 2001 als selbstständige Supervisorin und Mediatorin (BSO) im Bildungsbereich und in der sozialen Arbeit tätig. Dozentin an der ZHAW Soziale Arbeit im CAS Konfliktmanagement und Mediation sowie in Kursen zum Thema Kommunikationstraining.

Poster zur Ampelmethode

Halten Sie die Prinzipien der Ampelmethode stets präsent mit unserem Poster (DIN A3), das die wichtigsten Punkte übersichtlich darstellt. Laden Sie das Poster herunter, drucken Sie es aus und hängen Sie es in Ihrem Büro oder Besprechungsraum auf.