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Wie studiert man mit ChatGPT?

Künstliche Intelligenz birgt Risiken - aber auch Chancen. In der Ausbildung zukünftiger Sozialarbeitender sollten wir die Entwicklung kritisch mitgestalten, um die Gefahren zu minimieren.

Bei der Vorbereitung vorangehender Fachkräfte im Bereich der Sozialarbeit müssen wir aktiv am Fortschritt teilhaben, um die negativen Aspekte zu reduzieren. (Illustration: Serafine Frey)

von Sarah Franke, Stefan A. Keller, Menno Labruyère

Die einen sehen in ihr die Verheissung einer grossartigen Zukunft, bei anderen ruft sie Weltuntergangsfantasien hervor: künstliche Intelligenz (KI), wie maschinelles Lernen umgangssprachlich genannt wird. Seit dem Start von ChatGPT im letzten Winter sorgt das KI-Tool für Aufregung – auch am Departement Soziale Arbeit der ZHAW. Die Angst vor Plagiaten und Prüfungsbetrug ist noch die kleinere Sorge vieler Dozierender.

Grösser ist die Befürchtung, dass KI in die ureigensten Bereiche der Wissenschaft eindringt: das Generieren, Kuratieren und Weitergeben von Wissen. Oder die Angst, dass Studierende in Zukunft nicht mehr analytisch denken und strukturiert schreiben können. Was viele Dozierende ebenso beschäftigt, ist die Frage: Wie sollen angehenden Sozialarbeitenden Kompetenzen vermittelt werden, wenn die klassischen Methoden so radikal infrage gestellt sind?

Als Mitarbeitende des Teams Digital Campus beschäftigen wir uns damit, wie analoge und digitale Lehr- und Lernformen im Unterricht sinnvoll  verknüpft werden. KI hat auch unseren Arbeitsalltag, unsere Diskussionen, unsere didaktischen Visionen stark verändert. Wir wagen fünf Thesen:

1. Wer das Potenzial von KI ausblendet, bremst den Fortschritt.

Es ist noch gar nicht so lange her, seit die Web-2.0-Technologie aufkam und Wikipedia Einzug in unser aller Leben hielt. Die Befürchtungen waren damals ähnlich wie heute: Hochschulen werden ihr Monopol auf Wissensproduktion verlieren und Studierende sich nur noch oberflächlichem Wissen hingeben. Bewahrheitet hat sich das nicht.

Im Gegenteil: Die Studierenden lernten, Informationsquellen auf neue Weise kritisch und reflektiert auf ihre Qualität und ihren Gehalt hin zu beurteilen. Das Beispiel Wikipedia zeigt, wie wir gelernt haben, neue Technologien sinnvoll zu nutzen. Genauso kann nun der Einsatz von KI ein unterstützendes Werkzeug sein, indem Studierende sich auf komplexe Probleme konzentrieren können, während KI repetitive Aufgaben erledigt. So können beispielsweise Gespräche mithilfe von KI gleich in schriftliche Protokolle oder Berichte umgewandelt werden. Zeitintensives transkribieren entfällt – nicht aber Kontrolle und Reflexion durch einen Menschen. 

2. Wer KI kann, kann soziale Probleme effektiver anpacken.

Sozialarbeiter:innen sollten nicht nur Grundlagen und Auswirkungen von KI in ihrer Arbeitspraxis verstehen. Vielmehr sollen sie eine aktive Rolle bei der Gestaltung und der Implementierung von KI-Anwendungen einnehmen. Ein Beispiel ist die Analyse grosser Datenmengen. Dort kann KI helfen, Muster und Trends zu identifizieren und personalisierte Unterstützung anzubieten. Das wiederum ermöglicht eine präzisere Bedarfsanalyse und die Entwicklung massgeschneiderter Hilfsangebote.

Die Auseinandersetzung mit KI-Systemen ermöglicht den künftigen Sozialarbeiter:innen, ihre berufliche Relevanz in einer zunehmend digitalisierten und technologiegetriebenen Arbeitswelt zu erhalten. Darüber hinaus befähigt es sie, sich im politischen Diskurs für eine gesunde Balance von Mensch und Maschine in einer digitalisierten Sozialen Arbeit
zu positionieren.

3. Mit KI kann Soziale Arbeit interdisziplinärer werden.

Durch projektbasierte, disziplinübergreifende Kooperationen zwischen Studierenden der Sozialen Arbeit und der ZHAW School of Engineering lernen künftige Sozialarbeiter:innen bereits im Studium fachfremde Berufsfelder kennen. Damit werden sie auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Praxis vorbereitet.

Studierende lernen dadurch abzuschätzen, inwiefern mit Hilfe von KI-Technologien auf soziale Herausforderungen reagiert werden kann und wo Chancen und Grenzen liegen. Durch die Integration und Verschränkung von sozialarbeiterischem Fachwissen und KI-Technologien entstehen neue Ansätze zur Verbesserung von Prävention, Intervention und Nachsorge.

4. Gezielter Unterricht über digitale Soziale Arbeit fördert Innovation.

Es ist offensichtlich, dass die Entwicklungen im Bereich KI schnell voranschreiten. Bremsen lässt sich das kaum. Durch die Implementierung von KI-Kompetenzen in die Studiengänge werden Studierende aber in der Lage sein, ihre Fachkenntnisse mit den Möglichkeiten der digitalen Technologie zu verbinden, dadurch die Wirksamkeit ihrer Interventionen zu steigern und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. So können sie zu einer nachhaltigen Veränderung in der Sozialen Arbeit beitragen.

5. Wer sich auskennt, kann kritisch sein.

Mehr denn je sollen Studierende heute eine kritische Haltung in Bezug auf den ungebremsten technologischen Fortschritt entwickeln. Die kritische Reflexion und der qualifizierte Umgang mit künstlicher Intelligenz ermöglicht es ihnen, die ethischen Implikationen zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen. Damit können KI-Anwendungen im Einklang mit den Werten der Sozialen Arbeit eingesetzt werden.

Studierende sollen KI auf dieser Grundlage als Werkzeug nutzen, um effektivere Unterstützungsprozesse zu gestalten, ohne dabei den persönlichen Kontakt zu vernachlässigen. Denn trotz rasant fortschreitender Digitalisierung bleibt die zwischenmenschliche Beziehung in der Sozialen Arbeit von grundlegender Bedeutung. In Bereichen wie Datensicherheit, digitale Erbschaft und Privatsphäre hilft das Wissen um die Funktionsweise von KI dabei, Massnahmen zu ergreifen, um die Vertraulichkeit und den Schutz persönlicher Informationen zu gewährleisten.

Wandel in der Bildungslandschaft

In absehbarer Zeit lassen sich KI-Kompetenzen auf breiter Ebene nicht wirkungsvoll in die bestehenden Studiengänge implementieren. Das ist eine Herausforderung für die Hochschulen. Es ist deshalb umso wichtiger, künstliche Intelligenz punktuell in verschiedenen Bereichen des Studiums zu thematisieren – im Wissen darum, dass KI eine Vielzahl von Chancen bietet. Insbesondere dort, wo sie bürokratische Prozesse vereinfacht und damit bei Sozialarbeiter:innen Ressourcen für die Interaktion mit den Klient:innen freisetzt.

Im Hochschulbetrieb ist künstliche Intelligenz aber auch eine Einladung zur Kreativität. Denn KI zwingt zum Umdenken. Ein Beispiel sind Prüfungen, die auf reiner Wissensabfrage basieren. Schon immer wenig nachhaltig, machen sie seit der breiten Verfügbarkeit von KI kaum mehr Sinn. Eine Alternative wäre vermehrtes projektbasiertes Arbeiten. Die Reflexion bekäme damit mehr Raum im Studium. So würde KI entgegen den Befürchtungen auch nicht dazu beitragen, das analytische Denken angehender Sozialarbeiter:innen zu schmälern. Ganz im Gegenteil.

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