Absolventenporträt: Elektrozylinder für die Industrie 4.0
Die Idee für sein Startup kam ZHAW-Absolvent Jeremias Wehrli zwar erst nach dem Studium, dennoch steckt in «Cyltronic» eine Menge Know-how aus der Hochschule. Der Jungunternehmer will herkömmliche Pneumatikzylinder, wie sie weltweit in industriellen Anlagen vorkommen, durch neuartige Elektrozylinder ersetzen.
Nach dem Maschinentechnik-Studium an der ZHAW School of Engineering war Jeremias Wehrli als externer Entwicklungsingenieur für unterschiedliche Unternehmen im Einsatz. In einem Betrieb in der Lebensmittelindustrie fiel ihm eine Verpackungsanlage auf, genau genommen das Zischen der Pneumatik. «Ich konnte die Ineffizienz dieser Anlage förmlich hören», sagt Jeremias Wehrli. Durch Leckage sei Druckluft verloren gegangen und die ohnehin schon energieaufwendige Technologie habe somit noch mehr Ressourcen als nötig verbraucht. Nur wenige Jahre nach diesem Schlüsselmoment findet sich der ZHAW-Absolvent heute als Startup-Gründer wieder. Mit seiner Firma Cyltronic vertreibt er eine energieeffiziente Alternative zu den althergebrachten Pneumatikzylindern. «Elektrozylinder mit einer mechanischen Spindel im Inneren sind keine neue Erfindung», so Wehrli. «Bei uns ist aber die gesamte Elektronik kompakt im Zylinder verbaut.» Sein Produkt hat dieselbe Einbaulänge wie ein Norm-Pneumatikzylinder und kann diesen mit wenig Aufwand ersetzen. Zusätzliche Bauteile für die Regelungselektronik oder ähnliches sind nicht nötig.
«Es ergibt Sinn, gleich unsere Komponente zu verwenden, anstatt die althergebrachte Druckluft-Technologie in die digitale Welt zu transferieren.»
Jeremias Wehrli, ZHAW-Absolvent und Startup-Gründer
Effizient, genau, digital
Der Weg von der Idee zum marktfähigen Produkt führte den ZHAW-Absolventen zurück an seinen Studienort. Zusammen mit dem Institut für Mechatronische Systeme (IMS) hatte er zunächst eine Projektarbeit und eine Bachelorarbeit ausgeschrieben. «Dank der studentischen Arbeiten erhielten wir eine konkrete Marktanalyse und ein Funktionsmuster als Basis für unsere Entwicklung», so Wehrli. Auch heute arbeitet er noch mit dem IMS zusammen, um das Produkt weiter zu verbessern. «Wir wollen den Regler optimieren und die Software gleichzeitig so einfach wie möglich halten.» Die kompakte Bauweise auf engstem Raum im Zylindergehäuse sei dabei die grösste Herausforderung, aber eben auch ein Alleinstellungsmerkmal. Neben der hohen Energieeffizienz spricht auch die auf Zehntelmillimeter genaue Positionierung für den Elektrozylinder. «Die Genauigkeit einer mechanischen Spindel ist mit Druckluft kaum zu erreichen, und wenn, dann aufwändig und kostspielig», so Wehrli. Einen weiteren grossen Vorteil seines Produkts sieht er im Wandel zur Industrie 4.0: «Es ergibt Sinn, gleich unsere Komponente zu verwenden, anstatt die althergebrachte Druckluft-Technologie in die digitale Welt zu transferieren.»
100 Zylinder als Teil eines Förderprojekts
Cyltronic befinde sich jetzt in der Pilotphase, erklärt Wehrli: «Erste Betriebe rüsten derzeit bestimmte Anlagen mit unserer Lösung um.» Es gehe dabei vor allem darum, Referenzen aufzubauen. 100 Zylinder will der Jungunternehmer in den kommenden Monaten ersetzen. Gefördert wird sein Vorhaben sogar vom Bundesamt für Energie. «Auf diese Weise kann der Bund Erfahrungen sammeln, wie viel Energie sich tatsächlich einsparen lässt. Fakt ist, dass wir mit jeder Bewegung Ressourcen einsparen. Je mehr die Zylinder in Bewegung sind, desto mehr zeigt sich der Unterschied im Energieverbrauch», so Wehrli, der sich seit Sommer 2020 voll und ganz seinem Startup verschrieben hat. Und je mehr Zylinder der Absolvent ersetzt, desto weniger werden Verpackungsanlagen künftig noch zischen.
Mehr zum Startup: www.cyltronic.ch