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Bachelorarbeit: Möglicher Einfluss von Fernbussen auf das Fernverkehrsnetz der Südostbahn AG

Wer steigt um auf den Fernbus?

In Deutschland haben Fernbuslinien in jüngster Zeit grossen Erfolg. Aber könnten sie auch in der Schweiz mit der Bahn konkurrieren? Dieser Frage sind die Verkehrssysteme-Absolventen Samuel Bissig und Philipp Hess in ihrer Bachelorarbeit nachgegangen.

Im Juni 2018 haben die ersten Fernbuslinien innerhalb der Schweiz ihren Betrieb aufgenommen – weitere könnten folgen. Ob und wie viele Reisende nun von der Bahn auf den Bus umsteigen werden, ist bisher noch nicht wissenschaftlich prognostiziert worden. Im Auftrag der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) haben sich Samuel Bissig und Philipp Hess dieser Thematik angenommen. In Kooperation mit der SBB wird die SOB ab 2020 die Fernverkehrslinie über die Gotthard Bergstrecke übernehmen, also von Basel bzw. Zürich bis nach Locarno fahren. Auch auf dem Korridor Bern-Zürich-Chur ist eine Kooperation zwischen der SOB und SBB vorgesehen. Für die Absolventen stand also die Frage im Mittelpunkt, ob ein schweizerisches Fernbusangebot eine Konkurrenz für die Korridore der Kooperation SOB-SBB sein könnte.

Pendler keine Nutzergruppe

Konkret haben Samuel Bissig und Philipp Hess das Potenzial verschiedener Nutzergruppen für Fernbusse in der Schweiz untersucht und diese dazu befragt. Weiter haben sie eine detaillierte Situationsanalyse der beschriebenen Korridore sowie des Fernbusmarktes im In- und nahen Ausland durchgeführt. Hinzugezogen haben sie ausserdem Passagierdaten der SBB und den Mikrozensus für Mobilität und Verkehr 2015. Aus den demografischen Angaben sowie den Umfrageergebnissen zu Zweck und Reiseansprüchen konnten die Absolventen Nutzerprofile erstellen. «Wir haben diejenigen Personengruppen gewählt, bei denen aus unserer Sicht das grösste Potenzial für einen Fernbusanbieter zu sehen ist», sagt Samuel Bissig. «Die Umfrage hat beispielsweise ergeben, dass bei Pendlern nur eine sehr kleine Nachfrage für Fernbusse als Transportmittel zum Arbeitsplatz besteht.»

Ticketpreis ist entscheidend

Gestützt auf die Umfrageresultate haben die Absolventen Nutzerprofile erstellt sowie das Potenzial der jeweiligen Nutzergruppe berechnet. Auf Pendler als Nutzergruppe haben sie verzichtet und stattdessen den Fokus auf den Freizeitverkehr gelegt. «Das grösste Potenzial war bei Personen in Ausbildung zwischen 16 und 30 Jahren zu erkennen», so Philipp Hess. «Über 20 Prozent aller Befragten, die in diese Nutzergruppe fallen, würden ein schweizerisches Fernbusangebot nutzen.» Samuel Bissig ergänzt: «Das heisst, sie könnten es sich vorstellen, wenn der Preis attraktiv ist.» Der Ticketpreis ist laut Umfrage der Absolventen das wichtigste Kriterium, noch vor der Reisezeit. Komfort und On-Board-Service tragen kaum zur Entscheidung bei. «Während in Deutschland der Fernbus mit WLAN gegenüber der Bahn gepunktet hat, ist das hierzulande weniger wichtig», sagt Philipp Hess.

«Preissensitive Kunden dürften durchaus von der Bahn auf den Fernbus abwandern.»

Samuel Bissig

Potenzial vorhanden

Mit dem Mikrozensus für Mobilität und Verkehr 2015 haben die Absolventen den Anteil am Gesamtverkehr der jeweiligen Nutzergruppen herausgefiltert und mit dem Potenzial aus der Umfrage kombiniert. So konnte mithilfe der SBB-Passagierzahlen für jede Nutzergruppe definiert werden, wie viele Personen auf den jeweiligen Korridoren von der Bahn auf den Fernbus umsteigen könnten. Unter der Woche weisen laut Berechnungen unter einem Prozent aller Wege, welche mit der Bahn zurückgelegt werden, ein Potenzial für den Fernbus auf. Am Samstag liegt dieser Wert bei über drei Prozent, sonntags bei über fünf Prozent. «Diese Zahlen klingen nach wenig, aber auf den gesamtschweizerischen Bahnverkehr bezogen sind das mehrere hundert Menschen – es wären also schon ein paar Busse gefüllt», sagt Samuel Bissig und resümiert: «Somit ist das Potenzial zwar nicht so gross wie beispielsweise in Deutschland, trotzdem dürften preissensitive Kunden durchaus von der Bahn auf den Fernbus abwandern.»