Mutter-Kind- und Vater-Kind-Interaktion bei Frühgeborenen und bei termingeborenen Säuglingen
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Prof. Dr. Agnes von Wyl
- Projektteam : Barbara Bachmann, Andrea Studer, Dr. Thomas Wirz
- Projektvolumen : CHF 19'664
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : Stiftung (Novartis Foundation)
- Projektpartner : Dr. Sven Wellmann
- Kontaktperson : Agnes von Wyl
Beschreibung
Ausgangslage
In den letzten 30 Jahren hat sich die Chance, dass Frühgeborene
überleben, deutlich erhöht. Langzeitstudien lassen aber erkennen,
dass sich die Folgen einer Frühgeburt weit über das Säuglingsalter
hinaus erstrecken und ein Risiko für körperliche, psychische sowie
kognitive und schulische Probleme und Beeinträchtigungen bedeuten.
Deshalb beschäftigt Ärzte und andere involvierte Berufsgruppen,
welche Faktoren eine gute Entwicklungsprognose für Frühgeborene
erlauben und ob und wie man diese Prognose präventiv beeinflussen
könnte. Ein diesbezüglich oft diskutierter Faktor ist die Qualität
der Mutter-Kind-Beziehung. Aus der klinischen Erfahrung tritt die
Vater-Kind-Beziehung vermehrt ins Blickfeld, da beobachtet wird,
dass Väter oft einen besseren Zugang zum frühgeborenen Säugling
herstellen können, möglicherweise, weil sie die Geburt als weniger
traumatisch erleben. Allerdings wurde dies bisher noch nicht
systematisch untersucht.
Untersuchungsdesign
Die vorliegende Studie wollte zusätzlich zur
Mutter-Kind-Interaktion die Vater-Kind-Interaktion bei
Frühgeborenen untersuchen. Wir gingen davon aus, dass die Väter von
Frühgeborenen in den ersten Monaten einen besseren Zugang zum Kind
finden als die Mütter, und dass die Väter zwischen Mutter und Kind
vermitteln und die Mutter-Kind-Interaktion positiv beeinflussen.
Unsere Haupthypothesen waren, dass Väter von Frühgeborenen
schneller als die Mütter einen guten Zugang zum Kind finden. Auch
gingen wir davon aus, dass im Vergleich zu Vätern von reifgeborenen
Kindern, Väter von Frühgeborenen eine bessere
Vater-Kind-Interaktion aufweisen. Schliesslich vermuteten wir, dass
das väterliche Stresserleben der Geburt bei Vätern von
Frühgeborenen ausgeprägter ist als bei Vätern von
Termingeborenen.
Neben der Gruppe von 40 Frühchen (<34. Schwangerschaftswoche)
mit beiden Eltern konnte eine Kontrollgruppe von 30 Termingeborenen
(>37. Schwangerschaftswoche) untersucht werden. Die Qualität der
Vater-Kind- und der Mutter-Kind-Interaktion wurde mit dem
CARE-Index gemessen. Das Geburtserleben wurde mit dem Fragebogen
SILGer erhoben. Perinatale Risiken wurden mit der Beatmungs- und
Hospitalisationsdauer eingeschätzt. Weitere Kontrollvariablen waren
Teil der Untersuchung. Die Untersuchungen fanden ca. zehn Wochen
nach der Geburt, aber (bei den frühgeborenen Kindern) mindestens
zwei Wochen nach Entlassung aus der Klinik statt.
Frühgeburtlichkeit bedeutet ein erhöhtes Risiko für vielfältige
Entwicklungsbeeinträchtigungen und Verzögerungen auf Seiten des
Kindes und ein erhöhtes Risiko für eine posttraumatische Belastung
auf Seiten der Mutter und – etwas weniger ausgeprägt – auf Seiten
des Vaters. Falls sich bestätigt, dass Väter von Frühgeborenen
schneller einen Kontakt zum Frühgeborenen aufnehmen und ausserdem
die Mütter in der Kontaktaufnahme mit den Frühgeborenen
unterstützen, würde dies die Bedeutung der Integration des Vaters
bei der psychiatrischen Betreuung der Eltern von Frühgeborenen
betonen.