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Neuer Ansatz für die Beratungspraxis: «Whole Trait Theory» und «Implizite Diagnostik» in der Praxis der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung.

Erarbeitung und Überprüfung einer frei zugänglichen IT-Anwendung für Beratungspersonen.

Auf einen Blick

  • Projektleiter/in : Prof. Marc Schreiber
  • Projektvolumen : CHF 25'000
  • Projektstatus : abgeschlossen
  • Drittmittelgeber : Andere (Innovationsfonds für die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung)
  • Kontaktperson : Marc Schreiber

Beschreibung

Die Psychologie und dadurch auch die psychologische Diagnostik haben sich in den letzten 100 Jahren laufend weiterentwickelt. In dieser Zeit haben sich vereinfacht gesagt zwei grosse Ansätze herauskristallisiert:
Auf der einen Seite der Positivismus, durch welchen Forschungs- und Anwendungsfelder stark geprägt werden und eine wichtige Basis für die Klinische Psychologie (ICD, DSM) sowie die Laufbahn-, Schul- oder Arbeits- und Organisationspsychologie (z.B. Big Five) darstellt. Auf der anderen Seite der Konstruktivismus, welcher insbesondere in der Praxis, aber auch in der Theoriebildung deutlich an Einfluss gewonnen hat.
Beide Ansätze haben wichtige Beiträge zum Verständnis des Menschen geliefert. Der positivistische Ansatz „Trait“ hat seine Stärke in einer hochstrukturierten, gut validierten Diagnostik und in der strengen empirischen Fundierung. Der konstruktivistische Ansatz „State“ berücksichtigt die inter- und intrapersonelle Unterschiedlichkeit der Menschen in Abhängigkeit der Situation und des Kontextes und kann diese Variationen nutzbar machen für Veränderungen.
Mit der „Whole Trait Theory“ (Fleeson & Jayawickreme, 2015) wird ein Ansatz präsentiert, welcher die beiden Perspektiven verbinden kann. Im Ansatz wird eine Eigenschaft im Sinne eines zeitüberdauernden Traits (z.B. Extraversion) als intraindividuelle Verteilung vieler momentaner Zustände (States) betrachtet. Die Theorie ist nicht nur aufgrund ihrer Konsistenz und logischen Stringenz spannend, sondern auch weil sie sich unserer Meinung nach besonders gut für die Umsetzung im beraterischen Alltag eignen könnte.
Zusätzlich zur Messung von States soll der präsentierte Ansatz zwischen impliziten und expliziten Messungen differenzieren und auch beides ermöglichen. Der Einfluss impliziter Haltungen, Einstellungen oder Affekte wird beispielsweise von Quirin, Kazén und Kuhl (Quirin, Kazén, & Kuhl, 2009) oder Payne, Cheng, Govorun und Stewart (2005) beschrieben. Dabei wurden mit dem IPA-NAT (Quirin et al., 2009) und dem AMP (Payne et al., 2005) zwei implizite Verfahren erarbeitet. Im vorliegenden Innovationsprojekt wird ein Ansatz vorgestellt, der auf den beiden Verfahren abstützt.
Das Forschungsvorhaben ist im April 2016 gestartet und eine Teilfinanzierung von 20'000 CHF wurde durch die IAP Stiftung gesprochen. Momentan wird eine Plattform (App) entwickelt, mit Hilfe derer verschiedene implizite und explizite States über einen gewissen Zeitraum erfasst werden können. Dadurch können in einer Beratung bewusst Extremwerte ausgewählt werden. Beispielsweise kann in einer Beratung eine Situation, in der sich eine Person als äusserst extravertiert erlebt, verglichen werden mit einer Situation, in welcher dies überhaupt nicht der Fall ist. So können in der Folge die Gründe und Bedeutungen für diese unterschiedlichen Erlebensfacetten eruiert werden. Dadurch können die Einflussmöglichkeiten und das Selbstverständnis einer Person gestärkt werden, was in verschiedenen Beratungssettings von zentraler Bedeutung ist.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, einen Beitrag für die Praxis der Diagnostik und der Beratung zu leisten und eine neue Form der Diagnostik auf der Basis der „Whole Trait Theory“ zu überprüfen. Dabei wird auf Instrumente zurückgegriffen, welche im Zusammenhang mit dem ESM (Experience Sampling Method) Ansatz am Psychologischen Institut der Universität Zürich entwickelt wurden: Die Instrumente eignen sich für die Erfassung von momentanen Befindlichkeiten und Zuständen (States) und werden für den Einsatz im Forschungsvorhaben weiterentwickelt.