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Mehr Mädchen für eine technische Karriere begeistern

In der Informatik- und Technikbranche sind Frauen unterrepräsentiert. Um daran etwas zu ändern, beteiligt sich die ZHAW am Förderprogramm Swiss TecLadies der Schweizerischen Akademie für Technische Wissenschaften.

Unentwegt düst ein kleiner Roboter im Kreis herum, ein anderer fährt rückwärts, einer bewegt sich ruckartig. «Was habe ich falsch gemacht?», fragt sich eine der Programmiererinnen. Eine andere sagt schmunzelnd, «das war so geplant» und geht an den Computer zurück.

Zwölf junge Frauen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren schreiben an diesem Nachmittag an der School of Engineering Robotersoftware. In einem ersten Schritt haben sie die mobilen Geräte zum Blinken gebracht. Nun sind sie mit der Steuerung der beiden Räder beschäftigt und erleben anschaulich, wie sich kleinste Änderungen der Befehle auswirken. Konzentriert verbessern sie einzelne Bausteine, bis der Mini-Roboter macht, wie er soll.
«Von klein auf bin ich fasziniert davon, dass eine Textzeile eine ganze Anlage in Bewegung setzen kann», sagt Kursleiter Jérôme Perdrizat, wissenschaftlicher Assistent am Institut für Mechatronische Systeme (IMS). In diesem Fachbereich lerne man immer wieder Neues hinzu. «Ich hoffe, ich kann Euch diese Begeisterung heute weitergeben.»

Meist weniger als 10 Prozent Frauen

Der Workshop ist Teil des MINT-Förderprogramms Swiss TecLadies der SATW (Schweizerische Akademie für Technische Wissenschaften), das im Herbst 2018 erstmals gestartet wurde. «Ziel ist es, mehr Frauen für eine technische Karriere zu begeistern», sagt Edith Schnapper, eine der Programmverantwortlichen. In der Informatik- und Technikbranche liege der Frauenanteil meist unter 10 Prozent. Dass sich Mädchen eine entsprechende Ausbildung häufig nicht zutrauten, hänge mit stark ausgeprägten Geschlechterstereotypen zusammen. Sie würden in ihrem Interesse zudem zu wenig unterstützt. «Dagegen möchten wir etwas unternehmen», so Schnapper.

Zahlreiche Bewerberinnen

45 Mentees nehmen am Programm teil. Jeder steht eine erfahrene Berufsfrau zur Seite. «Das Interesse war auf beiden Seiten gross», sagt Adrian Sulzer, Leiter Kommunikation und Marketing der SATW. 320 13- bis 16-Jährige haben sich am kniffligen Eintrittstest beteiligt; für das ehrenamtliche Engagement als Mentorin sind 85 Bewerbungen eingegangen. Die Duos sind aufgrund fachlicher Präferenzen sowie des Wohnorts gebildet worden. Sie stehen während der ganzen Zeit in Kontakt und besuchen einen Teil der Veranstaltungen gemeinsam.

«Ihr stehen viele Wege offen»

«Die Mentees sollen sehen, wie spannend Technik ist», sagt Monika Reif, Dozentin an der School of Engineering der ZHAW. Sie sitzt zusammen mit Amrei Schmücker vor dem Bildschirm. Gemeinsam bringen sie den Mini-Roboter in Fahrt. «Ich erhalte hier andere Inputs als in der Schule», sagt die 16-Jährige, die an der Kantonsschule Kreuzlingen in einer MINT-Klasse ist. Sie habe am Gymnasium zwar auch schon programmiert. Trotzdem sei der heutige Nachmittag spannend. Zu ihrer Mentorin habe sie ein gutes Verhältnis, sagt die junge Frau weiter. «Sie ist offen und hat mir bereits viel geholfen.»

Monika Reif hat ihre Mentee beispielsweise auf einen Rundgang durch die ZHAW mitgenommen. Sie hat Amrei einen Einblick in ihre eigene Tätigkeit gegeben und gezeigt, was an der Hochschule im Bereich Aviatik gelehrt und geforscht wird. «Ich möchte ihr vermitteln, dass es keine typischen Frauen- und Männerberufe gibt», sagt sie. «Dass ihr viele Wege offenstehen und sie sich frei entscheiden kann.»

Von Robotern fasziniert

Noëmi Fässler aus Einsiedeln kann sich gut vorstellen, dereinst in der Informatik- oder Technik-Branche zu arbeiten. Sie hat durch das Mentoring-Programm neue Fachrichtungen kennengelernt. «Ich bin von Robotern allgemein fasziniert», sagt die 14-Jährige. Das Programmieren bereitet ihr keine Probleme. «Es ist nicht schwierig und macht Spass.»

Die letzte Aufgabe hat es allerdings in sich. Das flinke Gerät soll nun einer schwarzen Linie folgen; die Software muss die Fahrtrichtung regeln. Der Ehrgeiz der Teilnehmerinnen ist geweckt: Um die Befehle zu optimieren, wechseln sie ausdauernd zwischen PC und Teststrecke hin und her. Selbst als der Kurs offiziell endet, arbeiten einzelne weiter.

Selbstvertrauen hinzugewonnen

«Viele Teilnehmerinnen sind richtiggehend aufgeblüht», stellt Edith Schnapper von der SATW fest. «Sie waren mit Neugierde dabei und sind selbstständiger geworden.» Rückmeldungen von Eltern bestätigten diesen Eindruck. Das Selbstvertrauen zu stärken, ist neben dem fachlichen ein zentraler Teil des Förderprogramms, das im nächsten Durchgang 2020/2021 auch in der Romandie durchgeführt wird. Mädchen sollen ihrer Freude an technischen Fachrichtungen mutiger nachgehen.

«Als Frau fällt man auf»

Maschinenbauingenieurin Monika Reif hofft, dass Frauen in ihrem Berufsfeld künftig besser vertreten sein werden. «Zwei bis drei Studentinnen pro Klasse sind einfach zu wenige.» Sie selbst ist von ihrem Vater darin bestärkt worden, ihren Interessen zu folgen.

«Als Frau fällt man auf, man muss sich ein Stück weit mehr beweisen.» Technische Berufe seien jedoch äusserst interessant und liessen sich mit einer Familie vereinbaren, sagt die Mutter zweier Kinder. Teilzeitstellen seien nicht nur an den Hochschulen, sondern ebenso in der Industrie vorhanden.
Amrei Schmücker möchte dereinst ebenfalls eine technische Laufbahn einschlagen. Auf ihre Mentorin kann sie weiterhin zählen. «Sie hat mir gesagt, dass ich sie auch später jederzeit kontaktieren kann.»