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Energy Harvesting: Energie fast aus dem Nichts «ernten»

Mittels Energy Harvesting kann moderne Mikroelektronik heute ganz ohne Batterien auskommen. Die ZHAW School of Engineering erforscht unter anderem, wie sich solche energieautarken Systeme kostengünstiger herstellen lassen. Eine innovative Lösung setzt nun auf LEDs.

Unter Energy Harvesting (oder auch Energy Scavenging) versteht man Verfahren, um aus der Umgebung Energie zu beziehen. Diese wird in elektrischen Strom umgewandelt und ermöglicht so den energieautarken Betrieb von Mikroelektronik. Gängige Anwendungen nutzen vor allem Licht, Temperaturdifferenzen oder Kinetik als Energiequellen. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Beispielsweise können mit dieser Technologie Sensoren auch an unzugänglichen Stellen Umgebungsdaten messen und an einen Empfänger senden. Da keine Batterien nötig sind, verringert sich der Wartungsaufwand. Gleichzeitig erhöht sich die Betriebssicherheit.

Systemkosten reduzieren

Am Institute of Embedded Systems (InES) forschen Marcel Meli, Juan-Mario Gruber und Andreas Rüst mit ihren Teams seit Jahren im Bereich Energy Harvesting. Aus der Zusammenarbeit mit Wirtschaftspartnern sind bereits Produkte hervorgegangen, die heute auf dem Markt erhältlich sind. «Beispielsweise haben wir einen sogenannten Piezotaster entwickelt, bei dem die benötigte Energie zur Signalübertragung durch den blossen Tastendruck gewonnen wird», so Marcel Meli. «Auch Anwendungen mit Photovoltaik haben wir bereits realisiert, allerdings mit Solarzellen kleiner als im Taschenrechner.» In einem neuen Projekt ging es den Forschenden nun darum, mit einer innovativen Methode die Kosten für ein Harvesting-System zu reduzieren. Denn verglichen mit dem herkömmlichen Batteriebetrieb ist Energy Harvesting immer noch teuer. Das liegt unter anderem an den Stückzahlen in der Produktion der Komponenten, wie Marcel Meli erklärt: «Batterien können heute extrem günstig hergestellt werden. Um hingegen Energie aus der Umgebung zu gewinnen, braucht es Harvester und komplexe Elektronik, die noch nicht in grossen Mengen hergestellt werden.»

LEDs als günstige Solarzellen

Für die Forschenden stellte sich die Frage, wie sie die Energie mit möglichst günstigen Komponenten einfangen können. «Statt Solarzellen setzen wir in diesem Projekt LEDs ein, um Energie aus Licht zu gewinnen», so Marcel Meli. «Denn LEDs können nicht nur selber leuchten, sondern auch Energie aufnehmen, wie es sonst Solarzellen tun.» Der Clou: LEDs werden heute bereits in Massen gefertigt und sind darum sehr günstig in der Anschaffung. Verglichen mit verbreiteten Solarzellen erzeugen sie allerdings auch nur einen Bruchteil an Energie. Neben den günstigen Komponenten war es deshalb für die Forschenden ebenso wichtig, ein System zu entwickeln, das besonders wenig Energie benötigt. «Energie ist gleich Stromstärke mal Spannung mal Zeit», erklärt Marcel Meli. «Wenn Strom und Spannung sehr klein sind, muss der Zeitaufwand folglich umso grösser sein. Das ist vergleichbar mit einem Eimer, den man unter einen tropfenden Wasserhahn stellt – und unserem System reicht ein sehr kleiner Eimer.» Das System bestehend aus Harvester, Speicher und Power Management sammelt die Energie aus der Umgebung gewissermassen ein, um sie dann einzusetzen, wenn genügend vorhanden ist.

Anwendungsbeispiel Temperatursensor

Während das System die Energie sammelt, geht ein Teil davon durch sogenannte Lecksströme wieder verloren. «Wir haben deshalb für dieses System einen massgeschneiderten Energiemanager entwickelt, der dafür sorgt, dass möglichst wenig Energie verloren geht», so Marcel Meli. Als Anwendungsbeispiel hat das Team einen serienreifen, batterielosen Temperatursensor entwickelt. Sobald die LEDs genügend Energie aus Licht aufgenommen haben, startet die Anwendung. Die aktuelle Temperatur wird gemessen und der ermittelte Wert per Bluetooth Low Energy an das Smartphone gesendet. Danach geht der Vorgang wieder von vorne los. Bei direkter Sonneneinstrahlung benötigt die LED-Lösung dafür rund eine Minute, bei künstlicher Beleuchtung beträgt der Abstand zwischen zwei Messungen gut zehn Minuten. «Neben der Temperaturmessung eignet sich unsere kostengünstige Lösung auch für viele andere Anwendungen; unter der Voraussetzung, dass genügend Licht vorhanden und unregelmässiges Senden der Daten ausreichend ist», so Marcel Meli.