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Absolventenporträt: Im Land des fehlenden Neins

China ist ihm ans Herz gewachsen, seit der ZHAW-Absolvent und Biotechnologe Klaus Kienle ein Semester und ein Praktikum dort absolviert hat. Generell sei der Austausch mit den Kollegen offen gewesen, auch wenn es heikle Themen gebe. Ein Textauszug aus der Impact-App.

Mit Englisch kam Klaus Kienle im Alltag nicht weit. Nicht einmal die Sprachlehrerin beherrschte es.

Über 24 Millionen Menschen – um so viel unterscheiden sich die Einwohnerzahlen von Klaus Kienles Heimatdorf und Shanghai. Trotzdem hat es den Biotechnologen zweimal in die chinesische Metropole gezogen. Und es könnte wieder geschehen. Biotechnik steht in China hoch im Kurs. 

Der Sprung ins Ungewisse

Die Weichen für Kienles akademische Laufbahn wurden im 10-Seelendorf Waldenhofen, in der Nähe von Memmingen, gelegt. Dort wächst der heute 28-Jährige auf einem Milchviehbetrieb auf und erhält Einblicke, die sein Interesse an Naturwissenschaften wecken. Dieses wird in der Oberstufe verstärkt, als er bei «Jugend forscht» mitmacht und sich für eine Lehre als Chemielaborant in der Pharmaindustrie entscheidet. Um sich tiefer mit den Disziplinen der Biotechnik auseinanderzusetzen, beginnt er in Biberach ein Biotechnologiestudium, während dem er auch Gaststudierende betreut. «Dies hat mein Interesse an Kulturen und mein Faible für China verstärkt.» 2014 beschliesst Kienle den Sprung ins Ungewisse zu wagen und absolviert als erster Student seiner Fachhochschule ein Austauschsemester in Shanghai. «Dieses nahm ich ohne Vorurteile in Angriff.» Erlebt habe er es positiv und bereichernd. «Nur war es stressig, da ich zusätzlich Chinesisch lernte.» Mit Englisch kam er im Alltag nicht weit. Nicht einmal die Sprachlehrerin beherrschte es. Schnelle Erfolge pushen Kienle und treiben seinen Ehrgeiz, die Sprache und somit auch Land und Leute besser zu verstehen, an.

Die Autorität der Dozierenden

«Unterschiede gab es einige, nur schon die Wohnsituation der Kommilitonen spielte sich auf engstem Raum ab.» Diese lebten zu siebt in einem Zimmer und teilten sich zwei Schränke. «Ich musste ihr Vertrauen verdienen, ehe sie mir Einblick gewährten.» Auch an den Austausch mit den Professoren musste sich Kienle gewöhnen. «Zwischenfragen sind nicht gestattet, sie untergraben die Autorität des Dozierenden.» Dafür nehmen sich diese nach dem Unterricht Zeit für jede einzelne Frage. «Das ist nicht effizient, aber aus Respekt erforderlich.» Da ihm dies nicht klar gewesen sei, hätten ihn die Mitstudenten zurückgehalten. «Generell war der Austausch mit den Kollegen offen, auch wenn es heikle Themen wie Politik oder Liebe gibt.»

 

«Chinesen geben oft nicht zu, wenn sie einen Fehler gemacht haben»

Klaus Kienle

Fehler, die keiner gemacht hat

Zurück in Europa zieht es Kienle in die Schweiz. Im Roche Innovation Center Zürich absolviert er seine Bachelorarbeit und findet an der ZHAW seinen «Traummaster» am Institut für Chemie und Biotechnologie. Doch sein Feuer für China brennt weiter und er bewirbt sich für ein Programm, welches Stipendiaten auf ein Praktikum entsendet. Mit der Hilfe seines Professors Dieter Eibl organisiert Kienle eines in Shanghai. Dort eröffnen sich ihm grosse kulturelle Unterschiede. «Chinesen geben oft nicht zu, wenn sie einen Fehler gemacht haben.» Insbesondere in den Laboren sei dies kritisch. «Plötzlich tropft es irgendwo und keiner wars.» Auch Nein sagen zähle nicht zu ihren Stärken. «Die Mutter eines Kleinkindes nahm zur Tages- eine Nachtschicht an, nur weil sie sich nicht traute, dem Chef abzusagen», ist eine von vielen Anekdoten aus Kienles Fundus. «Grundsätzlich hört man von Chinesen selten ein Nein.» Auch Hierarchien spielen eine grosse Rolle. «Ein direkter Umgang könnte einiges verbessern.» Nichtsdestotrotz kann sich Kienle, der mit seiner Frau in Zürich lebt, vorstellen, dereinst wieder in China zu arbeiten. «Wenn auch nur für vorübergehend, aber das Land ist mir ans Herz gewachsen.»

Autorin: Kathrin Reimann

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