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Non-Profit-Organisationen beweisen Stärke in der Krise

Die Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen haben unter Corona offenbar nicht gelitten. Das zeigt eine Umfrage der ZHAW Soziale Arbeit bei 200 Schweizer Non-Profit-Organisationen.

Lebensmittellieferung in der Corona-Krise: Schweizer Non-Profit-Organisationen spürten die verstärkte Hilfsbereitschaft während des Shutdowns. (Bild: Miodrag Ignjatovic / iStock)

von Konstantin Kehl, Sigrid Haunberger und Carmen Steiner

Die Corona-Pandemie hat den Sozialbereich und zahlreiche Non-Profit-Organisationen in diesem Frühjahr unvorbereitet vor grosse Herausforderungen gestellt. Durch den Shutdown des gesellschaftlichen Lebens und die strikten Hygiene- und Distanzregeln konnten viele Organisationen ihre Angebote und Dienstleistungen nicht mehr in der gewohnten Weise erbringen.

Das haben vor allem auch Vereine, Initiativen und Organisationen zu spüren bekommen, die in ihrem Handeln stark auf das freiwillige Engagement von Bürgerinnen und Bürgern angewiesen sind. Besuchsdienste in Alten- und Pflegeheimen konnten von heute auf morgen nicht mehr stattfinden, Vereine und Initiativen durften sich nicht mehr persönlich treffen. Und vor allem: In der Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen brach für die Organisationen der wichtige physische Kontakt zeitweise fast vollständig weg, insbesondere im Hinblick auf die Kommunikation mit Freiwilligen, die zu den Risikogruppen gehören wie beispielsweise Menschen im Seniorenalter, die sich vielfach mit hohem zeitlichen Einsatz und grosser Leidenschaft in Organisationen engagieren.

Vom Digitalisierungsschub profitieren

Auf der anderen Seite las und hörte man viel über neu entstandene Solidarität, über innovative Formen der Quartiers- und Nachbarschaftshilfe, die insbesondere mithilfe digitaler Plattformen zustande kamen. Ist es durch Corona für Organisationen also einfacher oder schwieriger geworden, Freiwillige anzusprechen und zu gewinnen? Erwarten sie, dass die Pandemie diesbezüglich langfristig etwas verändern wird, dass sie selbst von dem unverhofften Digitalisierungsschub profitieren und in Zukunft verstärkt neue Formen der Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen nutzen werden?

Wir, ein Projektteam des Instituts für Sozialmanagement am Departement Soziale Arbeit der ZHAW, sind diesen Fragen im Rahmen einer Online-Umfrage zwischen Juni und August 2020 nachgegangen. Teilgenommen haben mehr als 200 Non-Profit-Organisationen der Deutschschweiz. Dazu gehörten vor allem solche aus dem sozialen und karitativen Bereich, die sich aktiv mit dem Thema Freiwilligen-Management befassen. Das heisst, sie verfolgen konkrete Ideen oder Konzepte bei der Ansprache, Gewinnung und Begleitung von Freiwilligen oder haben für diese Aufgabe eine haupt- oder ehrenamtlich tätige Person engagiert.

Durchwegs positive Erfahrungen

Die Ergebnisse sind durchwegs positiv ausgefallen. Zum einen konnten wir feststellen, dass die Organisationen im Hinblick auf die Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen erstaunlich gut mit der Corona-Krise umgegangen sind. Nur relativ wenige haben explizit Veränderungen festgestellt. Die meisten Organisationen konnten dies zum Zeitpunkt der Befragung (noch) nicht einschätzen oder haben im Grossen und Ganzen keine Auswirkungen – also etwa eine spürbare Zu- oder Abnahme von Freiwilligenarbeit – bemerkt.

Des Weiteren zeigte die Befragung, dass die Organisationen bei der Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen ohnehin schon häufig auf digitale Formate gesetzt haben. Viele glauben zudem, dass die bereits weit verbreitete Nutzung digitaler Kanäle durch Corona in Zukunft noch relevanter werden wird.

Dennoch muss betont werden, dass die Digitalisierung die Kommunikation mit Freiwilligen zwar beeinflusst, einen persönlichen Kontakt – beispielsweise in der Form eines Aufnahmegesprächs – aber nicht vollständig ersetzt.

Kaum Veränderungen gespürt

Nur ein Viertel der Organisationen hat aufgrund von Corona Auswirkungen auf die Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen wahrgenommen: 11.5 % der Organisationen ist diese schwerer gefallen, 14.5 % haben sogar mehr Zulauf gewonnen.

Bei den meisten Organisationen hingegen hat sich durch die Pandemie nicht viel geändert. Sie haben entweder keinen Einfluss der Krise festgestellt, der Rückzug von Freiwilligen aus Risikogruppen wurde durch neue Freiwillige kompensiert, oder es fällt den Organisationen grundsätzlich schwer, diesbezüglich eine Einschätzung zu tätigen. Die ambivalenten Einschätzungen der befragten Organisationen widerspiegeln, dass die relevanten Lehren aus der Corona-Krise für Kerndimensionen eines Freiwilligen-Managements erst aufgearbeitet werden müssen.

Die persönliche Ansprache durch bereits aktive Freiwillige oder Mitarbeitende – die sogenannte Mund-zu-Mund-Propaganda – ist mit 94.2 % Nennungen zwar das wichtigste Marketing- und Kommunikationsmittel unter den Organisationen. Jedoch setzen bereits jetzt schon 84.8 % bei der Gewinnung und Ansprache von Freiwilligen auf die eigene Website und Social Media, unabhängig von der Pandemie.

Andere Medien wie beispielsweise Fernsehen und Radio werden mit 16.1 % nach wie vor eher selten genutzt. 42.9 % der Organisationen meinen, dass sie in Zukunft noch mehr auf Social Media bei der Ansprache und Gewinnung von Freiwilligen setzen werden. Nur 26.5 % halten das für eher unrealistisch.

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