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Integrationsprojekte: Wirkung nachweisen und daraus lernen

Wer Geld in ein soziales Projekt steckt, will Nachweise für dessen Wirkung sehen. Dennoch werden Wirkungsanalysen viel zu selten als Lernprozess genutzt. Wie dies gelingen kann, zeigt ein ZHAW-Team am Beispiel von Integrationsprojekten mit Jugendlichen.

von Nina Brüesch und Miryam Eser Davolio

Die Glückskette unterstützte in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte zur beruflichen Integration von Jugendlichen in Not. Jeder Projektträger muss jeweils nach jeder Förderperiode bei der Glückskette Rechenschaft darüber ablegen, was in den Projekten geleistet und erreicht wurde. Um mehr über die Zielerreichung der Projekte zu erfahren und dies wissenschaftlich zu überprüfen, beauftragte die Glückskette drei Fachhochschulen in drei Sprachregionen mit einer Evaluation: die Haute école spécialisée de Suisse occidentale in Genf (HES-SO), die Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) in Manno sowie die ZHAW Soziale Arbeit in Zürich.

Die Glückskette wollte mit der Wirkungsanalyse einen nachhaltigen gemeinsamen Lernprozess bei den Projektträgern anstossen. Für die Evaluation wurden insgesamt zehn Arbeitsintegrationsprojekte für Jugendliche und junge Erwachsene aus den drei Sprachregionen ausgewählt. Zunächst legten wir – Forscherinnen und Forscher der Fachhochschulen, Projektträger sowie die Auftraggeberin Glückskette – in einem gemeinsamen Workshop drei Fragestellungen für die Evaluation fest:

  • Bewertung der Wirksamkeit der Projekte: Entsprechen sie den Bedürfnissen und Erwartungen der jungen Menschen? Inwiefern haben sie deren Werdegang beeinflusst?
  • Beurteilung der Relevanz der Interventionen: Entsprechen sie einem tatsächlichen Bedarf?
  • Leisten die Projekte einen Beitrag zur Verbesserung der Praxis im Sinne einer lernenden Organisation?

Dabei ordneten wir die Projekte drei Kategorien zu. Diese haben jeweils verschiedene Zielgruppen, Ziele und Interventionszeitpunkte. Zur ersten Kategorie gehörten Projekte, deren Intervention sich auf die Förderung von Grundkompetenzen vor einer Ausbildung richten. Zur zweiten Kategorie zählten jene Projekte, welche die berufliche Eingliederung von jungen Migrantinnen und Migranten ermöglichen. Und für die dritte Kategorie wählten wir Projekte, in denen es primär um die berufliche Eingliederung mittels eines Bildungsabschlusses geht.

Vorher und nachher

Um diese Fragen zu prüfen, führten wir sowohl Gruppendiskussionen mit den Programmverantwortlichen durch wie auch Interviews mit drei bis fünf Jugendlichen pro Projekt. Bei den Interviews ging es darum zu erfassen, in welcher Lebenssituation die jungen Menschen vor und nach dem Projekt standen, welche Erfahrungen sie mit dem Projekt machten und wie sie den Entwicklungsprozess einschätzten. Zudem werteten wir quantitative Daten zum Verlauf der Teilnahme aus, die durch die Projektträger erhoben und uns zur Verfügung gestellt wurden.

Bei allen der jungen Teilnehmenden zeigte sich: Niemand verfügte über ein Umfeld, von dem er oder sie beim Einstieg in eine Ausbildung unterstützt worden wäre. Den meisten mangelte es an Selbstbewusstsein sowie an Wissen darüber, welche Verhaltensweisen, Regeln und Gepflogenheiten sie in einer Berufsausbildung erwarten würden. Für verpasste Chancen gaben sie sich selbst die Schuld. Kamen multiple Problemlagen wie Suchtthematiken, schwierige familiäre und finanzielle Situationen, psychische Erkrankungen oder ähnliches hinzu, hatte dies zu einer Prekarisierung der jungen Menschen geführt. Junge Geflüchtete waren zusätzlich mit sprachlichen Herausforderungen und Bildungslücken konfrontiert.

Sozialpädagogisch begleiten

Der sprachregional übergreifende Vergleich unserer Evaluation zeigte, wie unterschiedlich die Angebotslandschaften bezüglich Berufsausbildung innerhalb der Schweiz sind und welche strukturellen Faktoren – beispielsweise Lehrstellenangebote, Bildungsabbruchquoten und anderes – zu Ungleichheiten führen. Was die Programme selbst anging, so wurden jene Bedingungen ermittelt, mit denen ein Angebot individuell angepasst werden konnte. Dazu gehört unter anderem die sozialpädagogische Begleitung, durch die eine gute Arbeitsbeziehung entstehen kann und dank der sich die Teilnehmenden ernstgenommen und verstanden fühlen.

Ein anderer Erfolgsfaktor ist der fortbestehende Kontakt der Teilnehmenden zum Programm oder zu einzelnen Mitarbeitenden. Dadurch werden sie in ihrem weiteren Entwicklungsprozess gestützt. Solche längerfristigen Begleitungen erfordern zwar oftmals ein freiwilliges Engagement der Projektträger. Für die Zukunft müsste man sich überlegen, wie eine solcher Qualitätsfaktor von Anfang an in die Förderkriterien einbezogen werden könnte.

Empfehlung: Geldgebende einbeziehen

Der vergleichende Ansatz der Evaluation stellte auch für die Auftraggeberin einen Lernprozess dar. Die Glückskette erhielt dadurch nämlich erstmals vertiefte Einblicke in die einzelnen Programme und ihre Vorgehens- und Arbeitsweise. Dasselbe galt für die einzelnen Projektträger, die bis anhin meistens nur rudimentäre Kenntnisse der anderen unterstützten Programme hatten.

Im nationalen Kontext wurde sichtbar, wie sich bestehende Angebote ergänzen und wo welche Zielgruppen angesprochen werden. So ist denn auch eine wichtige Schlussfolgerung aller an der Evaluation Beteiligten, dass man den Austausch und die Intervision zu Good Practice fortsetzen möchte. Zudem empfehlen wir, die Forschenden, dass Geldgebende und Behörden einbezogen werden, um eine mittelfristige Strategie für öffentlich-private Finanzierung zu entwickeln.

Evaluationen können die soziale Nachhaltigkeit fördern

Im Auftrag der Glückskette wurden unter der Leitung von Laurent Wicht (HETS – HES-SO) und Miryam Eser Davolio (ZHAW Soziale Arbeit) Projekte für Jugendliche und junge Erwachsene evaluiert, welche von der Glückskette finanziell unterstützt werden. Mithilfe der Evaluation kann die Qualität der Projekte und die Konsistenz ihrer Nachbereitung beurteilt werden.

Möchten Sie ein Projekt evaluieren lassen? Dann beraten wir sie gerne.

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