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Ausserhalb der Komfortzone

Nadia Boscardins Handeln zielt auf Fachlichkeit ab: Es basiert auf fundiertem Wissen, das sichtbar und nachvollziehbar sein soll – und den wirtschaftlichen und den menschlichen Aspekt miteinander vereint.

Porträtfoto von Nadia Boscardin in einer Werkstätte

Nadia Boscardin ist eine Macherin. Die Mutter von vier Kindern hat nie den einfachen Weg gesucht. Das zeichnete sich schon im Studium an der Soz ab. Statt den Praktikumsteil ihres Studiums wie damals üblich in einer einzigen Organisation zu absolvieren, entschied sie sich für gleich drei anspruchsvolle Aufgaben. Für das erste Praktikum wählte Nadia Boscardin eine Schule für Körper- und Mehrfachbehinderte. Ihre erste Reaktion, als sie als Studentin ein Kind mit Mikrozephalie sah, war: «Kann ich das?» Es sollte sich herausstellen, dass Nadia Boscardin konnte – und wie. Das zweite Praktikum verbrachte sie in einer Stiftung für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung oder Lernbehinderung, das dritte in einem Schülerhort. Inzwischen ist es an der ZHAW Standard, den Praxisteil des Studiums aufzuteilen: Die meisten Studierenden absolvieren heute zwei Praktika, damit sie einen besseren Überblick über die Handlungsfelder erhalten. Nadia Boscardin war mit ihrem Vorgehen also gewissermassen eine Pionierin. Am Studium hatte sie stets begeistert, verschiedene Ansätze miteinander zu kombinieren, um die eigene Haltung herauszuarbeiten. «Die ZHAW wie deren Vorgängerinstitutionen haben individuelles Denken gefördert und Mut gemacht, den gewählten Weg dann auch zu gehen – selbst wenn es ein schwieriger war», reflektiert sie heute.

Wissbegierde als treibender Faktor

2013 wurde Nadia Boscardin Bereichsleiterin im Rotacker, Heim und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, seit 2015 ist sie Geschäftsführerin. Als Grund für ihre beruflichen Entscheidungen gibt sie ihre Wissbegierde an. «Ich suche nicht die Komfortzone, einen bequemen Arbeitsort», ergänzt sie. Das habe zur Folge, dass sie beruflich teilweise sehr exponiert sei. Wie schon im Studium schlägt Nadia Boscardin auch im Beruf gerne neue Wege ein. Wenn sich nicht alles aus der Schublade ziehen lässt und sie Grenzen erweitern kann, blüht sie auf. Bereits auf der Führungsebene sozialer Organisationen angekommen, entschied sie sich 2014, den Master of Advanced Studies (MAS) in Sozialmanagement zu absolvieren, um «den praktischen Erfahrungen ein solides theoretisches Fundament zu geben». Ihr MAS-Studium schloss Nadia Boscardin im Frühling 2015 mit einer Diplomarbeit mit dem Titel «Vom konzeptlosen Aktionismus zur bewussten Kompetenz: eine 80-jährige Geschichte» ab.

Entwicklung als Pflicht und Chance

Als Geschäftsführerin gehören die Weiterentwicklung der Organisation, die Steuerung der Finanzen sowie die Kontrolle von Qualität und Erfolg zu ihren Hauptaufgaben. Das bedeutet, täglich Prioritäten zu setzen und Konsequenzen zu erkennen in einem Kontext mit vielen Variablen. Bestes Beispiel hierfür ist der ganzheitliche Change-Prozess, den es in der Organisation umzusetzen galt. Die Genossenschaft Rotacker wurde vor 84 Jahren von einer Privatperson gegründet. Damals lautete der Auftrag, Arbeit für beeinträchtigte Menschen zu schaffen. Mit den neuen Auflagen und dem neuen Auftrag der Genossenschaft, nicht nur einen Wohn- und Arbeitsplatz zu schaffen, sondern auch Entwicklung und Förderung zu bieten, stiegen die Anforderungen. Es war an Nadia Boscardin, den Neuaufbau der Organisation zu gestalten und die Professionalisierung voranzutreiben: Es galt, einen Entwicklungs- und Förderplan zu entwerfen sowie die Instrumente und Vorgehensweisen dafür zu definieren. In diesen Prozess floss viel Wissen aus dem Certificate of Advanced Studies in Organisationsentwicklung mit ein. Den Change-Prozess erlebte Nadia Boscardin am Anfang wie einen Turmbau – nur dass dabei an sehr vielen Seiten und Stockwerken gleichzeitig gearbeitet werden musste. Bis heute sind die vielen unterschiedlichen Anforderungen die grösste Herausforderung in ihrem Beruf. In diesem Spannungsfeld eine gangbare Lösung zu finden, ist nicht immer leicht. Es ist an ihr, Aufgaben zu gewichten, Anforderungen, die nicht oder nicht gleich erfüllt werden können, zu kommunizieren und dabei den betroffenen Anspruchsgruppen Sicherheit zu vermitteln – und nicht zuletzt, mit Missmut adäquat umzugehen.

Fachlichkeit und Nachvollziehbarkeit als Maxime

Ein Satz der damaligen Dozentin Prof. Dr. Kitty Cassée aus dem Grundstudium begleitet Nadia Boscardin bis heute. Mit jeder neuen Herausforderung bekommt er eine weitere Facette an Bedeutung: «Sozial Tätige wissen, was sie tun, und sind sich ihres Tuns bewusst.» So hat Nadia Boscardin denn auch den Anspruch, dass ihr Handeln stets auf Fachlichkeit beruht und nachvollziehbar ist. Der wirtschaftliche Aspekt steht auch in Non-Profit-Organisationen im Vordergrund. Das Menschliche soll dabei aber nicht zu kurz kommen. Dieser Herausforderung stellt sich Nadia Boscardin jeden Tag aufs Neue und wählt dabei wie schon als Studentin nicht den einfachsten Weg.

Leben und Arbeiten beidseits der Norm

Der Rotacker ist eine gemeinnützige Organisation, basierend auf der Rechtsform der Genossenschaft. Er bietet Personen mit psychischen, physischen und geistigen Beeinträchtigungen ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Geschlechts und ihrer Konfession geschützte Arbeitsplätze und Wohnmöglichkeiten an. Dafür stehen insgesamt 37 Arbeitsplätze zur Verfügung, davon 20 in Wallisellen und 17 in Fehraltorf. Das Wohnheim in Wallisellen umfasst 14 Wohnplätze.

Master of Advanced Studies (MAS) in Sozialmanagement

Fundierte Managementkenntnisse gehören heute zum Anforderungsprofil von Führungskräften aus Organisationen mit sozialem Auftrag. Nur so können sie ihr Unternehmen erfolgreich positionieren, ihre Mitarbeitenden optimal führen und die Zusammenarbeit gezielt fördern. Der MAS vermittelt aktuelles Wissen rund um Führungsfragen, Personalmanagement, Betriebswirtschaft, Marketing und Organisationsentwicklung.

MAS Sozialmanagement