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Spaghetti-Diagramm

Wir sind umgezogen!

Sie finden diesen Beitrag neu unter https://www.leanhealth.ch/transformation/what/

Eva Hollenstein, Tim Brand (V01)

Zusammenfassung

Das Spaghetti-Diagramm ist ein Tool, mit dem Laufwege und Materialflüsse innerhalb eines Arbeitsplatzlayouts dargestellt werden. Dabei wird die Bewegung von Mitarbeitenden, Patientinnen und Patienten sowie  Material als Linien von Punkt A nach B übersichtlich visualisiert. Jeder Arbeitsschritt wird erfasst und Ineffizienzen in Form von langen oder unnötigen Distanzen offengelegt, wodurch nicht-wertschöpfende Tätigkeiten erkannt werden. Spaghetti-Diagramm heisst dieses Tool deshalb, weil die Laufwege und Materialflüsse in einem Bündel von Linien dargestellt werden, die Spaghetti ähneln. Es handelt sich um ein simples, wenngleich effektives Tool zur Optimierung der Arbeitsplatzorganisation (Thonemann, 2005).

Zielsetzung / Leitfragen für die Praxis

Ziel und Zweck der Methode ist es, die Verschwendung (Muda) in Arbeitsprozessen offenzulegen und den Prozessfluss (Flow) zu optimieren. Gemeint sind damit Verschwendungen, die durch Bewegung von Mitarbeitenden und den Transport von Patientinnen und Patienten sowie Material bei alltäglichen Prozessen entstehen können (zum Beispiel unnötige Wartezeiten oder Umwege). Konkret wird beispielsweise überprüft, welche Distanzen eine Patientin/ein Patient von der Notfallaufnahme bis zur Entlassung zurücklegt. Mithilfe des Spaghetti-Diagramms werden diese Wege, wie Abbildung 1 zeigt, in Form von Linien auf einem skizzierten Plan des Arbeitsbereichs eingezeichnet. Die Arbeitswege der unterschiedlichen Berufsgruppen können in unterschiedlichen Farben skizziert werden. So ist zum Beispiel der Weg von Patientinnen und Patienten blau, der Weg des Pflegepersonals gelb und der Weg der Ärzteschaft rot gekennzeichnet. Das Diagramm ermöglicht eine effiziente, prozessorientierte Analyse der Arbeitsplatzorganisation im Spital und bildet die Basis zur Optimierung des Arbeitsplatzlayouts (NHS Institute for Innovation and Improvement, 2015).

Die Methodik bietet sich zur Beantwortung folgender Praxisfragen an:

Voraussetzungen / Notwendige Ressourcen

Das Spaghetti-Diagramm wird im Idealfall von den Mitarbeitenden erstellt, die den Prozess tatsächlich ausführen. Zumindest sollten sie jedoch bei der Erstellung involviert sein. Der Gemba eignet sich besonders, um ein Spaghetti-Diagramm aufzuzeichnen. Der Beobachter begleitet in einem bestimmten Zeitraum eine Person und zeichnet exakt deren zurückgelegten Weg auf. Beim Einzeichnen der Wege muss darauf geachtet werden, sehr genau vorzugehen. Dinge bewegen sich selten in exakt geraden Linien, daher sollten die Wege möglichst realitätsnah in das Diagramm eingetragen werden.

Wichtig im Vorfeld der Aufzeichnung ist die Kommunikation mit den beteiligten Mitarbeitenden. Der Fakt, dass gemessen wird, kann bewirken, dass die Prozesse musterhaft und nach Vorschrift erledigt werden (Mc Hugh, Van Dyke, McClelland & Moss, 2011). Deshalb soll klar kommuniziert werden, dass die Beteiligten die Arbeitsschritte während des Messens so erledigen, wie sie dies für gewöhnlich in der Regel tun.

Die folgenden Ressourcen können bei der Erstellung des Diagramms hilfreich sein:

Die Methode benötigt nur einen geringen Ressourcenaufwand, jedoch ist sie in Bezug auf den zeitlichen Aufwand nicht zu unterschätzen (Six Sigma Material, 2013).

Detailbeschreibung des Tools

Neben den nötigen Ressourcen benötigt man im Vorfeld der Durchführung genaue Kenntnisse über die zu untersuchenden Prozesse. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, vor der Durchführung den Arbeitsbereich, der in den Prozess involviert ist, exakt zu definieren. Ausserdem müssen die Grenzen der Prozesskette klar sein. Damit wird festgehalten, an welcher Stelle die Untersuchung stoppt. Die Mitarbeitenden werden im Vorfeld informiert und sollten in die Planung integriert werden. Vor Beginn der Durchführung ist ein Verständnis dafür zu schaffen, warum, wie und wann ihre Arbeit analysiert wird (Six Sigma Material, 2013).

Sind die nötigen Vorbereitungen getroffen, kann mit der Erstellung des Diagramms begonnen werden:

1. Layout skizieren

Das Layout bildet die Grundlage für die Weglinien, die später darauf eingezeichnet werden. Es ist darauf zu achten, dass die Umgebung alle prozessrelevanten Objekte enthält und in etwa massgetreu aufgezeichnet wird. Dies ist wichtig für die nachfolgende Auswertung der zurückgelegten Wege, welche durch das Ausmessen auf der Skizze ermittelt werden (Wichert, 2012). Zu den prozessrelevanten Objekten gehört zum Beispiel das verwendete Inventar, der Arbeitsbereich, die Türen und Fenster und alle für den Prozess sonst relevanten Objekte (MOHLTC, 2013).

2. Linien für zurückgelegte Wege einzeichnen

Nun wird für jeden zurückgelegten Weg eine dazugehörige Linie auf dem Layout eingezeichnet. So lässt sich bereits im Zuge der Beobachtungsphase erkennen, welche Wege überflüssig sind und durch eine Optimierung des Arbeitsplatzlayouts entfernt werden können (Wichert, 2012). Der Beobachtende erfasst und notiert währenddessen genau, welche Arbeiten wo erledigt werden und auf welchen Pfaden sich die Person durch den Arbeitsbereich bewegt. Um Ungenauigkeiten zu vermeiden, sollten die Linien direkt während der Beobachtung auf das Layout übertragen werden. Die Mitarbeitenden werden also bei jedem Prozessschritt begleitet und jede Bewegung sowie die Distanzen auf die Layout-Skizze übertragen. Um die Übersichtlichkeit auf der Layout-Skizze zu wahren, sollten verschiedene Farben verwendet werden. Die Farben dienen der Unterscheidung bezüglich der verschiedenen Mitarbeitenden, den Funktionen (Mitarbeitender, Patientin/Patient, Material) oder Parallelprozessen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Erfassung ist das Verhalten des Beobachters: Um eine möglichst wahrheitsgetreue Darstellung zu erhalten, darf nicht aktiv in den Ablauf eingegriffen werden (d.h. es wird nicht nachgefragt, warum ein Arbeitsschritt auf bestimmte Art gemacht wird.). Denn dies könnte zu einer Verzerrung der Untersuchung führen, da der Mitarbeitende dann bewusst von seinem Routineverhalten abweichen könnte. Der Beobachtende sollte zudem gezielt nach Unterschieden im Ablauf suchen, zum Beispiel in Bezug auf die Tageszeit, Person, Jobfunktion etc. Es sollte auch explizit nach potentiellen Problemen Ausschau gehalten werden, wie beispielsweise besonders lange oder verwirrende Wege, Leerläufe oder Schleifen. Für die praktische Darstellung eines Materialweges kann es hilfreich sein, „das Produkt zu werden“, d.h. genau den Weg zu gehen, den zum Beispiel ein Röntgenbild von Punkt A nach B macht.

3. Auswertung des Spaghetti-Diagramms

Die gewonnenen Daten aus dem Spaghetti-Diagramm können qualitativ oder quantitativ ausgewertet werden.

3.1 Qualitative Auswertung

Die qualitative Auswertung des Spaghetti-Diagramms ist simpler als die quantitative Auswertung, jedoch nicht weniger aussagekräftig. Ist das Diagramm unübersichtlich und verworren, lässt sich daraus schliessen, dass das Verbesserungspotenzial für diesen Prozess sehr gross ist. Insbesondere ist auf lange und besonders dicke Weglinien zu achten, da sich oft auch dort ein hohes Verbesserungspotential verbirgt. Wurden Bereiche mit langen Wegen identifiziert, können zum Beispiel zwei für den Prozess wichtige und stark frequentierte Standorte näher zusammengebracht werden, um so den Prozessfluss zu optimieren (NHS Institute for Innovation and Improvement, 2015).

3.2 Quantitative Auswertung

Für die quantitative Auswertung wird die Länge der einzelnen Linien, die für den Prozess erforderlich sind, ausgemessen und addiert, womit der Gesamtweg ermittelt wird. Für die übersichtliche Darstellung kann eine Tabelle erstellt werden, wie in Abbildung 2 dargestellt (Wichert, 2012).

Eine andere Kennzahl wäre beispielsweise die Anzahl der Bewegungen eines Mitarbeiters, einer Patientin/eines Patienten oder Gegenstandes von A nach B (Wichert, 2012).

4. Umsetzung

Die gewonnen Informationen werden für die Mitarbeitenden zugänglich aufbereitet und kommuniziert. Wenn möglich, wird dabei ein Foto des ursprünglichen Spaghetti-Diagramms gezeigt. Die vom Spaghetti-Diagramm offengelegte Verschwendung ist durch das Entdecken aber noch nicht beseitigt. Nun gilt es, die Ursachen für die langen Wege zu finden und diese zu beseitigen. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Beobachtende schon bei der Erstellung des Diagramms auf eine grosse Zahl von Anhaltspunkten für potentielle Optimierungsansätze gestossen ist. Zudem wird das Team ermutigt, Lösungsvorschläge zu den aufgezeigten Verschwendungen vorzuschlagen und diese weiterzuentwickeln. In der Umsetzungsphase kann es helfen, ein kleines Projektteam (dessen Mitglieder in den Prozess involviert sind) zu gründen. Dessen Aufgabe besteht darin, die erarbeitenden Lösungen auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen (MOHLTC, 2013).

Sobald sich die neuen Prozesse etabliert haben, wird empfohlen, erneut eine Analyse anhand des Spaghetti-Diagramms vorzunehmen. So können Verkürzungen der Arbeitswege und Optimierungen des Materialflusses überprüft werden (Mc Hugh et al., 2011). Das Spaghetti-Diagramm kann sehr gut mit anderen Tools kombiniert werden, wie z.B. dem Patient Flow Chart oder der Wertstromanalyse (siehe Wertstromdiagramm). Dadurch entsteht ein noch detaillierteres Bild der Prozessabläufe in den verschiedenen Abteilungen.

Anwendungsbeispiel                                                                                                                  

In Abbildung 3 wird der Einsatz des Diagramms in einem Operationssaal dargestellt. Man kann erkennen, wie die Laufwege im Operationssaal durch die Umstellung der Arbeitsplatzorganisation schlanker und effizienter geworden sind.

Stärken und Schwächen

Stärken

Obwohl das Spaghetti-Diagramm auf den ersten Blick simpel erscheint, ist genau diese plakative und einfache Darstellung das Erfolgskonzept des Tools: Durch die Visualisierung unnötiger Laufwege bzw. Materialflüsse wird den Beteiligten konkret aufgezeigt, wo Verbesserungspotential vorliegt und somit kann unter Umständen relativ rasch und ressourcenschonend ein Lösungsweg erarbeitet werden.

 

Schwächen

Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:

Hollenstein, E. & Brand, T. (2016). Spaghetti-Diagramm. In A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK – Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge, Version 1.0. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch

Literatur

Graban, M. (2011). Lean Hospitals: Improving Quality, Patient Safety, and Employee Engagement, Second Edition. Productivity Press.

Mc Hugh, M., Van Dyke, K., McClelland, M. & Moss, D. (2011). Improving Patient Flow and Reducing Emergency Department Crowding: A Guide for Hospitals. Agency for Healthcare Research and Quality (US). Abgerufen von www.ahrq.gov/research/findings/final-reports/ptflow/ptflowguide.pdf

MOHLTC. (2013). The Toolkit for hospital process improvement projects Materials for executives, clinicians, project managers & teams - Tools: Spaghetti Diagram. Abgerufen von www.patientflowtoolkit.ca/ToolkitDoc/Diagnostic_PDF/Tools/Spaghetti%20Diagram.pdf

NHS Institute for Innovation and Improvement. (2015). Spaghetti Diagram. Abgerufen von http://www.institute.nhs.uk/quality_and_service_improvement_
tools/quality_and_service_improvement_tools/process_mapping_-_
spaghetti_diagramm.html

Six Sigma Material. (2013). Spaghetti-Diagramm - Six Sigma. Abgerufen von www.six-sigma-material.com/Spaghetti-Diagram.html

Thonemann, U. (Ed.). (2005). Supply chain excellence im Handel: Trends, Erfolgsfaktoren und Best-practice-Beispiele (1. Aufl). Wiesbaden: Gabler.

Wichert, O. (2012). Spaghetti-Diagramm. Abgerufen von www.lean-production-expert.de/lean-production/spaghetti-diagramm.html