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Alle Leistungen zur Patientin/zum Patient

Wir sind umgezogen!

Sie finden diesen Beitrag neu unter https://www.leanhealth.ch/transformation/what/

Florian Liberatore, Tim Brand (V01)

Einleitung

Bei einer Lean-Transformation eines Spitals werden alle intraorganisationalen Prozesse in wertschöpfende und nicht-wertschöpfende Tätigkeiten eingeteilt. Anschliessend wird versucht, nicht-wertschöpfende Tätigkeiten zu eliminieren. Als wertschöpfend wird dabei alles definiert, was einen Wert für die Patientinnen und Patienten als Kunden der Leistungserbringung stiftet.

Im Zentrum der Leistungserstellung eines Spitals stehen somit die wertschöpfenden Tätigkeiten der medizinischen Behandlung. Alle anderen Leistungen haben sich dem Behandlungsprozess (dem Wertstrom) anzupassen und daran auszurichten, um einen reibungslosen, kontinuierlichen Behandlungsablauf zu gewährleisten. Verschwendungen (Muda) wie Wartezeiten minimiert und unnötige oder zu lange Transporte und Laufwege der Patientinnen und Patienten müssen vermieden werden. Hierfür sollte versucht werden, möglichst alle Leistungen zum der Patientin/dem Patienten zu bringen.

Leitfragen für die Praxis

Beispielhafte Praxisfragen wären:

Detailbeschreibung des Konzepts

Das Konzept befasst sich demnach grundsätzlich mit der Frage, wie alle Prozesse eines Spitals an der Patientin/dem Patienten als Leistungsempfänger ausgerichtet werden können. Dabei gilt der Grundsatz, dass nicht-wertschöpfende Tätigkeiten vermieden werden sollen.

Folgende drei Kriterien haben sich im Lean-Management herauskristallisiert, um einen Prozess als wertschöpfend zu identifizieren (Vgl. Graban 2012, S. 38):

  1. Die Patientin/der Patient sollte theoretisch bereit sein, etwas für die einzelne Aktivität zu zahlen.
  2. Die Aktivität sollte einen Beitrag zur Behandlung an der Patientin/dem Patienten leisten.
  3. Die Aktivität sollte fehlerfrei ausgeführt werden.

Um einen kontinuierlichen Wertstrom im Spital zu gewährleisten, der sich an der Patientin/dem Patienten ausrichtet, muss auch Unausgeglichenheit (Mura) als Folge von Schwankungen der Patientenzahlen und eigenen Kapazitäten abgebaut werden, die wiederum zu Wartezeiten für Patientinnen und Patienten führen können. Zwar lässt sich eine Nivellierung der Patientenzahlen im System, anders als bei einer Fliessbandproduktion, nicht komplett erreichen, jedoch können organisationsbedingte Ursachen für Mura ausgeschaltet werden, beispielsweise durch die Neuorganisation von Patiententerminen oder die stunden- und tagesbezogene Nivellierung von Entlassungen im Spital unter Berücksichtigung von Personalkapazitäten und Aufnahmezahlen.

Praxisempfehlungen

Für die Lösung des Problems bieten sich verschiedene Tools an, die teilweise aus den übergreifenden Bereichen des Prozessmanagements und der Logistik stammen, teilweise auch konkret darauf ausgelegt sind, den Transport und Laufwege von Patientinnen und Patienten zu analysieren. 

Erfassung der Patientenperspektive

Zunächst sollten die Abläufe im Spital aus Perspektive der Patientin/des Patienten – die sogenannte Patient-Journey - mittels Befragungs- und Beobachtungstechniken erfasst werden. Als Beobachtungstechniken eignen sich Gemba-Walks, bei denen Patientinnen und Patienten bei ihrem Weg durch den Behandlungsprozess begleitet werden. Dabei kann zusätzlich auch die Denke-Laut-Methode eingesetzt werden. Diese Methode erfasst zusätzlich die Eindrücke, Gefühle und Absichten der Patientinnen und Patienten während der Leistungserbringung. Patientenbefragungen eignen sich am besten, um Gefühle, Bewertungen und Verhaltensintentionen während der Leistungserstellung zu erfassen, jedoch ermöglichen es Befragungen nicht, den kompletten Wertstrom hinsichtlich beteiligter Mitarbeitender, Orte der Leistungserstellung sowie Einsatz von Geräten und Materialien gleichzeitig zu erfassen.

Analyse der Leistungserstellung am Patienten

Wertstrom- und Swimlane-Diagrams helfen in der nächsten Phase bei der Visualisierung von Prozessen. Dadurch werden wertschöpfende und nicht-wertschöpfende Tätigkeiten durch Transport der Patientin/des Patienten und den Bewegungen des beteiligten Personals deutlich.

Durch die Erstellung eines Future-State-Diagrams werden aufbauend auf der Ist-Analyse Wertströme im Spital entwickelt, die dem Prinzip „Alle Leistungen zum Patienten“ entsprechen.  

Fishbone-Diagram und 5 Why eigenen sich dazu, die Gründe für mangelnde Patientenfokussierung in Prozessen zu identifizieren. Dabei werden die Gründe für ein Problem im Sinne einer Root-Cause-Analyse systematisch erarbeitet. Anschliessend lassen sich Lösungsvorschläge erarbeiten.

Mittels Service-Blueprints können Aktivitäten im Leistungserstellungsprozess danach systematisiert werden, ob sie im Hintergrund ablaufen oder die Patientin/der Patient bei der Aktivität beteiligt bzw. anwesend ist. Für die Optimierung der Patient-Journey können die Prozesse ausgeschlossen werden, welche nur mittelbar und im Hintergrund für die Leistungserstellung benötigt werden.

Lösungsansätze zur Umstellung der Prozesse

Um Verschwendung durch unnötige Transporte und Laufwege der Patientin/des Patienten zu vermeiden, können kurzfristige, mittelfristige sowie langfristige Lösungsansätze des Lean-Managements angeboten werden:

Kurzfristig sollten die Patientinnen und Patienten durch Wegweiser, Markierungen am Boden oder Informationsblätter, auf dem schnellsten Weg ohne Zeitverlust zu ihren nächsten Terminen im Spital geleitet werden.

Mittelfristig können mittels des Einsatzes einer Simulationszone in einer Testumgebung neue Anordnungen von Abteilungen, Diagnose- und Behandlungsräumen sowie die Reihenfolge der Behandlungsabläufe getestet und anschliessend implementiert werden, um Transporte und Laufwege zu verkürzen.

Langfristig bietet es sich bei einem Neubau der Spitalgebäude an, Gebäude und Abteilungen so zu gestalten, dass ein optimaler Wertstrom an Patientinnen und Patienten sowie der unterstützenden Prozesse ermöglicht wird. Auch für einen Neubau von Teilen eines Spitals oder einen kompletten Neubau bieten sich Simulationszonen als Testumgebungen sehr gut an.

Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:

Liberatore, F. & Brand, T. (2016). Alle Leistungen zur Patientin/zum Patient. In: A. Angerer (Hrsg.): LHT-BOK – Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge, Version 1.0. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch

Literatur

Fliess, S. (2009). Dienstleistungsmanagement: Kundenintegration gestalten und steuern. Wiesbaden, Springer-Verlag.

Graban, M. (2012): Lean Hospitals - Improving Quality, Patient Safety, and Employee Satisfaction. 2nd ed. New York: Productivity Press.

Worth, J., Shuker, T. et al. (2012):  Perfecting patient journeys, 11. Aufl., Cambridge, USA.