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Methodischer Ansatz und Datenerhebung

Der IT Nearshoring Index spiegelt verschiedene Aspekte der Entscheidungsfindung von Schweizer IT-Dienstleistungsunternehmen wieder und besteht aus 5 Pfeilern.

Um die relative Wichtigkeit der verschiedenen Faktoren zu ermitteln, hat das Center of European Business an der ZHAW School of Management and Law in Zusammenarbeit mit swissICT (grösster Verband der Schweizer IT-Industrie) und ISSS (Information Security Society Switzerland, führender Verband der Schweizer IT-Sicherheitsbranche) eine Umfrage unter Schweizer IT-Dienstleistungsunternehmen durchgeführt.

Wir erhielten 56 qualitativ hochwertige Antworten. 82% (46 Unternehmen) der befragten Unternehmen betreiben aktiv Nearshoring an verschiedenen Orten in Europa. Etwa 41% aller Unternehmen haben mehr als 100 Mitarbeiter und ein Viertel erwirtschaftet einen Umsatz von über 50 Millionen US-Dollar. Im Fragebogen wurden die Unternehmen gebeten, die Relevanz verschiedener Faktoren für ihre Nearshoring-Entscheidung auf einer Skala von 1 bis 7 zu bewerten, wobei 1 für überhaupt nicht relevant und 7 für sehr relevant steht.

Basierend auf diesen Fragen haben wir 5 wesentliche Entscheidungsfaktoren von Unternehmen für Nearshoring identifiziert. Wir bezeichnen diese Faktoren als Pfeiler unseres IT Nearshoring Indexes.

Aufbau des IT Nearshoring Indexes

Der Gesamtindex besteht aus fünf Pfeilern: Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, institutioneller, sozialer und Standortpfeiler. Jeder Pfeiler entsteht durch die Gewichtung mehrerer Variablen, die dem jeweiligen Pfeiler zugeordnet sind, d.h. durch die zugrunde liegende Erhebungsfrage. Der gesamte IT Nearshoring Index besteht aus einem gewichteten Durchschnitt dieser fünf Pfeiler. Abbildung 1 veranschaulicht grafisch die Struktur des IT Nearshoring Indexes.

Wir verwenden Daten aus verschiedenen Quellen, die sich auf die Regionen der Ebene 1 der Eurostat Nomenclature of Territorial Units for Statistics (NUTS) konzentrieren. Die Variablen wurden so gewählt, dass sie zu den Fragen aus der Umfrage passen. Beispielsweise wurden Unternehmen gefragt, wie wichtig das Marktpotenzial der Region ist. Wir beziffern das Marktpotenzial anhand des BIP und des Wachstums des BIP pro Kopf. Ebenso wurde die Erreichbarkeit einer Region durch die Entfernung in Kilometern von Bern und die Anzahl der Fluggäste in der Region belegt. Für jede Frage haben wir einen breiten Satz von Variablen festgelegt, mit denen die Attraktivität einer Region für IT-Dienstleister dargestellt werden kann.

Die Fokussierung auf die Eurostat NUTS 1 Regionen ermöglicht eine viel feinere Unterscheidung innerhalb der Länder, da regionale Abweichungen und Unterschiede ein wichtiger Faktor für die Nearshoring-Entscheidung der Unternehmen sein können. Da, wo Variablen nur auf der NUTS 2 Ebene verfügbar sind, aggregieren wir sie, indem wir gegebenenfalls Bevölkerungsgewichtungen verwenden. Falls nur Variablen auf Länderebene verfügbar sind, wenden wir sie auf alle NUTS 1 Regionen innerhalb des Landes an. Es wird jeweils das letzte verfügbare Jahr in den Daten berücksichtigt, meistens 2017 oder 2018. Unsere wichtigste Datenquelle ist die Eurostat-Regionaldatenbank, die einen breiten Satz von Variablen auf verschiedenen NUTS Ebenen enthält. In unserem Datensatz fehlen für einige Regionen einige Erhebungen. Wir verwenden Machine Learning, um die fehlenden Werte zu schätzen. Konkret verwenden wir einen «random forest approach», siehe Wulff und Ejlskov (2017). Insgesamt haben wir 50 Variablen, die den 5 Pfeilern zugeordnet sind und 115 NUTS 1 Regionen in Europa abdecken. Obwohl die Eurostat-Regionaldatenbank die umfassendste Quelle für detaillierte Regionalstatistiken ist, ist ihre Abdeckung der Länder bei weitem nicht vollständig. Einige interessante Nearshoring-Destinationen wie Serbien, Ukraine oder Albanien fehlen aufgrund unzureichender Datenmeldungen an die Europäische Union oder unterschiedlicher Datenerhebungen. Die wichtigsten Wettbewerbsvorteile dieser Regionen sind jedoch nicht entscheidend für Schweizer IT-Unternehmen. Daher sind wir zuversichtlich, dass diese Regionen in unserem Index nicht ganz oben stehen werden.

So wird beispielsweise in Nordbulgarien der niedrigste Lohn für IT-Mitarbeiter gezahlt (durchschnittlich 4 EUR pro Stunde), diese Erhebung wird einen Wert von 100 erhalten. Der höchste Lohn für IT-Mitarbeiter wird in Schweden gezahlt (durchschnittlich 40 EUR pro Stunde), so dass diese Erhebung einen Wert von Null erhält. Indexwerte für Werte zwischen diesen beiden Extremen werden linear aufbereitet.

Die Gewichtungen, welche die relative Wichtigkeit jeder Variablen innerhalb eines Pfeilers widerspiegeln, wurden aus den Umfrageergebnissen gewonnen. Da die Variablen mit bestimmten Fragen in der Umfrage verknüpft sind, können wir mit der von Danielson und Ekenberg (2017) vorgeschlagenen Rangsummenmethode die relativen Gewichtungen für jede Frage und deren Variablen basierend auf dem durchschnittlichen Gewichtungswert der Schweizer IT-Unternehmen in der Umfrage berechnen. Wenn einer Frage mehr als eine Variable zugeordnet wurde, wurde die Gewichtung der Relevanz gleichmässig auf alle zugeordneten Variablen verteilt. Somit wird jeder Pfeiler als die gewichtete Grösse der zugrunde liegenden Fragen berechnet. Als nächstes gewichten wir die Pfeiler untereinander, um den gesamten IT Nearshoring Index zu erstellen. Wir haben Experteninterviews durchgeführt, um Gewichtungen für die verschiedenen Pfeiler zu erhalten, ähnlich wie bei unserer Firmenbefragung. Experten wurden gebeten, die relative Wichtigkeit direkt in Prozent zu bewerten. Im hier vorgestellten IT Nearshoring Index verwenden wir daher nicht die Rangsummenmethode, um jedem Pfeiler Gewichtungen zuzuweisen, sondern die von den Experten bereitgestellten direkten relativen Gewichtungen. Wir sind überzeugt, dass nach einem ausführlichen Briefing der Experten ihre Bewertung der Relevanz tatsächlich die relative Wichtigkeit und nicht eine Rangfolge widerspiegelt. Tabelle 1 enthält die relative Gewichtungsgrösse - direkt von den Experten bezogen - und zum Vergleich die entsprechenden Rangsummengewichte.

Expertenbewertung der relativen Wichtigkeit der einzelnen Pfeiler

  Relative Bedeutung Rangsummengewichtung
Wirtschaftspfeiler 17.35% 6.66%
Standortpfeiler 19.91% 26.66%
Sozialer Pfeiler 19.21% 13.33%
Institutioneller Pfeiler 19.76% 20.00%
Arbeitsmarkt Pfeiler 23.85% 33.33%
Quelle: Expertenbewertungen und eigene Berechnungen der Autoren    

Die Verwendung der Rangsummengewichtung ergibt vermutlich eine viel geringere Gewichtung gegenüber des untersten Pfeilers, in unserem Fall dem Wirtschaftspfeiler. Dies spiegelt die relative Wichtigkeit nicht vollständig wider. Wie bereits erwähnt, waren sich die befragten Experten der Bedeutung der relativen Wichtigkeit bewusst, während dies für die Teilnehmer der Umfrage nicht klar war. Die Verwendung der Rangsummengewichte verändert die Reihenfolge der Regionen im IT Nearshoring Index nur geringfügig, d.h. die britischen Regionen werden noch dominanter sein und die osteuropäischen Regionen werden weiter unten in der Rangliste liegen.