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«Phytotherapeutische Behandlungen werden immer beliebter.»

Im Rahmen des dreijährigen Fähigkeitsprogramms für Phytotherapie finden jedes Jahr diverse Kurse statt, welche die Schweizerische Gesellschaft für Phytotherapie SMGP in enger Zusammenarbeit mit der ZHAW durchführt. Im Gespräch erzählt Kursleiterin Beatrix Falch, was die Phytotherapie von der Homöopathie unterscheidet, warum die Weiterbildung eine gefragte Zusatzqualifikation für Ärzt*innen oder Apotheker*innen ist und auf welche pflanzlichen Arzneimittel sie selbst gerne setzt.

Bildlegende: ZHAW-Pharmazeutin Dr. Beatrix Falch ist spezialisiert auf Arzneipflanzen. Sie ist Kursleiterin des dreijährigen Fähigkeitsprogramms für Phytotherapie, das sich an Ärzt*innen, Apotheker*innen und Tierärzt*innen richtet.

Was ist Phytotherapie genau und wie verortet sie sich zwischen Schulmedizin und komplementärmedizinischen Methoden wie der Homöopathie?

Unter Phytotherapie versteht man die Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten mit Arzneipflanzen. Historisch betrachtet bestand die Schulmedizin bis ins 18. Jahrhundert im Wesentlichen aus Phytotherapie. Erst mit den Fortschritten in der Chemie konnten zuerst Reinsubstanzen aus Pflanzen gewonnen und später chemische Substanzen mit völlig neuartigen Strukturen hergestellt werden. Naturstoffe sind noch keine Phytopharmaka, auch die Schulmedizin arbeitet teilweise mit Naturstoffen. Das Charakteristische an pflanzlichen Arzneistoffen ist, dass sie Vielstoffgemische sind. Arzneipflanzen haben mehrere hundert Wirkstoffe. Aufgrund dieses Vielstoffgemischs wissen wir oft nicht, welche Substanzen letztendlich für die Wirkung von pflanzlichen Arzneimitteln verantwortlich sind. Die Wirkung lässt sich aber wissenschaftlich nachweisen. In homöopathischen Medikamenten hingegen ist kein messbarer Wirkstoff mehr enthalten. Dahinter steckt eine völlig andere Denkweise.

Was sind die Vorteile von diesem Vielstoffgemisch in pflanzlichen Arzneimitteln?

Sie zeichnen sich durch weniger Nebenwirkungen aus, weil sich die zahlreichen Substanzen häufig gegenseitig ergänzen und ausgleichen. Pflanzliche Medikamente greifen mild an verschiedenen Stellen an und belasten den Körper weniger. Eine spannende Beobachtung machen wir derzeit in experimentellen Studien zu Antibiotikaresistenzen. Wenn Bakterien regelmässig mit einem einzelnen Wirkstoff in Kontakt kommen, entwickeln sie Resistenzen. Mit einem Vielstoffgemisch sind sie jedoch überfordert.

Wenn Vielstoffgemische solche Vorteile bieten, wieso setzt die Schulmedizin nicht ebenfalls darauf?

Teilweise macht sie das. Zur HIV-Therapie setzt sie beispielsweise auf die Kombination von mehreren Substanzen, um Nebenwirkungen und Resistenzen zu vermeiden. Auch die personalisierte Medizin liegt im Trend und ist letztlich ein uraltes Prinzip, das die Phytotherapie seit langem praktiziert. Eigentlich müssten alle Vertreter*innen der jeweiligen Medizinkonzepte mehr über den eigenen Tellerrand schauen und voneinander lernen. Ich spreche darum gern von der integrativen Medizin, weil das zum Ausdruck bringt, dass sich die verschiedenen Medizinkonzepte gut ergänzen. So unterstützt die Phytotherapie bei chronischen Erkrankungen die eigentliche Therapie mit chemisch-synthetischen Medikamenten und lindert im besten Fall deren Nebenwirkungen.

An wen richtet sich das dreijährige Fähigkeitsprogramm und zu was befähigt es?

Es richtet sich an Ärzt*innen, Apotheker*innen, Tierärzt*innen sowie Naturwissenschaftler*innen, die sich für Phytotherapie interessieren. Wir vermitteln das Basiswissen, um mit Phytotherapie zu starten: Von der Pflanze als Ganzes über die Extrakte bis zu den fertigen Präparaten. Die Gesundheitsberufe können mit dem Zertifikat nachweisen, dass sie Phytotherapie richtig einsetzen können, auch in Kombination mit Schulmedizin, und sich regelmässig fortbilden. Es ist die einzige Phytotherapie-Weiterbildung in der Schweiz, die einen wissenschaftlich-akademischen Anspruch hat und von den drei medizinischen Fachgesellschaften anerkannt ist.

Das Fähigkeitsprogramm ist modular aufgebaut, was bedeutet das?

Dank dem modularen Aufbau ist ein Einstieg jederzeit möglich. Es können übrigens auch einzelne Kurse gebucht werden. Beliebte Einzelkurse sind zum Beispiel die Tageskurse zum Thema Gynäkologie, Dermatologie oder Pädiatrie.

Das Fähigkeitsprogramm ist gut besucht. Wie erklären Sie sich das wachsende Interesse von Ärzt*innen und Apotheker*innen an der Phytotherapie?

Auch diese Berufsgruppen benötigen mittlerweile eine Zusatzqualifikation, um sich mehr Profil zu geben. Phytotherapeutische Behandlungen werden immer beliebter. Das hat verschiedene Gründe. Die Patient*innen stellen fest, dass die Schulmedizin nicht alle Krankheiten heilen kann und oft Nebenwirkungen auslöst. Das wachsende Interesse an der Phytotherapie hat aber auch mit der Kritik an der Pharmaindustrie zu tun, mit der Diskussion ums Klima, mit der Bewegung «Zurück zur Natur» und mit Self-Empowerment.

Auf welche pflanzlichen Medikamente greifen Sie selber gern zurück?

Ich liebe pflanzliche Bitterstoffe. Wenn ich mich unwohl fühle oder eine Migräne im Anzug ist, nehmen ich wenige Tropfen einer Tinktur aus Löwenzahn oder Enzian. Bei einer beginnenden Erkältung nehme ich ein Sonnenhutpräparat und trinke einen Ingwertee.

Das Fähigkeitsprogramm für Phytotherapie ist modular aufgebaut und ein Einstieg ist jederzeit möglich. Es können auch Einzelkurse gebucht werden.

Weitere Informationen und Anmeldung