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Lösungsansätze für ein nachhaltiges Food-System mit dem foodward CAS Food Responsibility

Im Oktober 2021 startet der foodward-CAS-Lehrgang «Food Responsibility» erneut mit dem Modul «Geography of Food». Im Gespräch gibt Maya Ladner, die neue Modulleiterin, Einblick in relevante Themen und Lernmethoden im Modul und erzählt, wo sie selbst Lösungsansätze für globale und lokale Herausforderungen des «Food-Systems» sieht.

1. Maya Ladner, Sie sind neu Modulleiterin des Moduls «Geography of Food» des foodward CAS «Food Resposibility». Was erwartet die Teilnehmenden in diesem Modul und insbesondere neu mit Ihnen?

Ich durfte 2019 das Modul selbst als Teilnehmerin besuchen. Es bleibt mir sehr farbig und spannend in Erinnerung, entsprechend war die Ausgangslage eine sehr Gute. Vieles können wir übernehmen und mittels den Resultaten aus der damals durchgeführten Evaluation weiterentwickeln. Aufgrund meiner Erfahrung seit dem Modulbesuch habe ich überlegt, was noch erweitert oder verändert werden könnte. Mir ist der Austausch zwischen den Teilnehmenden sehr wichtig. Es sind so viele Menschen mit verschiedenen Erfahrungen und Hintergründen, die zusammenkommen. Ich möchte versuchen sicherzustellen, dass sie gegenseitig von peer-to-peer Inputs und Feedback profitieren können. Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist, ist das Verständnis der Lebensmittelwertschöpfung als Netzwerk. An den Herausforderungen der Agro-Food-Branche sind sehr viele Stakeholder beteiligt, und nur wenn für die Lösungssuche möglichst alle Perspektiven als stark vernetztes System betrachtet werden, können zukunftsfähige Strategien entwickelt werden. Ich sehe gerade hier eine sehr zentrale Kompetenz für die Branche. Und als Drittes geht es mir auch stark um den Fokus auf die individuellen Personen. Etwas nachhaltig zu verändern, bedarf grosser Eigenmotivation, Drive und Optimismus. Neben all den überwältigenden, globalen Problemen, die gelöst werden wollen, darf nicht vergessen werden, dass der Impact bei jedem und jeder einzelnen Person beginnt.

 

2. Regionale Wertschöpfungsnetzwerke boomen unter anderem auf Grund der Coronakrise. Wird dieser Boom auch nach Corona weitergehen?

Ich denke ja. Für mich hängt das auch etwas mit dem in der ersten Frage genannten individuellen Impact zusammen. Für globale Probleme globale Lösungen zu suchen, ist eine grosse Herausforderung. Denn in der Umsetzung von theoretischen Ansätzen scheitern wir oft bei den Details der vorliegenden Realität. Ich bin davon überzeugt, erst wenn wir die Lösungsansätze agil an die effektiven Gegebenheiten anpassen können, also die Theorie in die Praxis tragen können, entsteht wirklich Impact. So ist es auch mit lokalen Wertschöpfungssystemen. Sie sind eine Möglichkeit der «Glokalisierung», der Adaption von Lösungen auf das vorherrschende Umfeld und sie können grosse positive Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort leisten. Ich denke, durch den Ansatz lokaler Wertschöpfung bleiben die Systeme auch flexibel und auf Veränderungen der unmittelbaren Umgebung anpassbar. In dem Kontext ist foodward im Moment daran einen neuen CAS, der das Thema regionale Produkte und regionale Wertschöpfungsnetzwerke aufgreifen will, zu prüfen und zu konzipieren. Dabei kann «regional» hier sowohl Schweiz wie auch Indien heissen!

 

3. Bio Suisse, Havelaar, Clean Labels – können Konsumierende damit noch umgehen oder ist es Zeit für weniger Labels?

Labels sind eine gute Einkaufsunterstützung und helfen den Konsumierenden, auf ihnen wichtige Attribute Rücksicht zu nehmen. Ich kann mir überlegen, was mir wichtig ist (bio, fair trade, vegan…) oder worauf ich verzichten möchte (Laktose, Gluten…) und entsprechend ist es für mich sehr einfach, den nicht entsprechenden Lebensmitteln aus dem Weg zu gehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch überwältigen kann, die ganzen Labels zu kennen und zu unterscheiden. Aber auch hier plädiere ich für die bewusste Auseinandersetzung mit unserem Essen und dem was es in der Umwelt bewirkt. Vielleicht gibt es in Zukunft auch immer weniger Labels, vor allem solche, die sich auf nachhaltigere Produktion und Produkte beziehen. Dokumentarfilme, Bücher, Influencer*innen, Politiker*innen… je mehr sich unser Bildungsstand in Bezug auf unser Essen verbessert und je mehr sich unser Verhalten in eine nachhaltige Richtung verschiebt, umso weniger notwendig sind Labels. Aber davon sind wir noch weit entfernt, und solange sehe ich einen grossen Mehrwert in den Labels. Beim Clean Labelling allerdings, sehe ich nicht nur Vorteile. Positiv ist sicherlich der Aufruf zum selber kochen, Lebensmittel mit weniger Verarbeitungsschritten zu konsumieren oder Produkte mit weniger dafür wertvolleren Inhaltsstoffen zu produzieren. Ich bin aber auch der Meinung, dass ein fiktives Limit von z.B. fünf Zutaten maximum für ein Clean Label gewisse Aspekte vernachlässigt. Auch eine Limitierung des Verarbeitungsgrads oder der Menge Verarbeitungsschritte kann in gewissen Lebensmitteln unsinnig sein, weil die Komplexität oder der Nutzen der Schritte nicht miteinbezogen wird. Das Thema Labels wird ausführlich im Modul «Wettbewerbsfaktor Qualitätslabel» des CAS angeschaut.

 

4. Wie relevant ist der Trend zur veganen Ernährung in Zukunft oder hat sie ihren Zenit bereits erreicht?

Der Boom von pflanzenbasierten Produkten hat seinen Ursprung in verschiedenen Trends: Tierethik, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Lifestyle… den Zugang findet jede*r auf die eigene Weise. Oder eben auch nicht, was dann zu starkem Gegenwind führt. Die Auswahl pflanzenbasierter Produkte wird merklich immer grösser – das scheint eine so offensichtliche Feststellung zu sein. Dennoch bin auch ich erst kürzlich wieder erstaunt vor dem Kühlregal gestanden: 2016 bin ich nach Zürich gezogen und im nahegelegenen Supermarkt gab es etwa zwei Sorten Tofu und vielleicht noch drei oder vier weitere Fleischalternativen. Heute gehe ich dort einkaufen, und ich habe eine breite Auswahl an pflanzenbasierten Milchgetränken, Fleischersatzprodukten, Käsealternativen und alles, was dazwischen liegt. Ich erhoffe mir davon vor allem, dass das Bewusstsein für die Problematik der tierischen Produkte geschärft werden kann, dass alle und nicht nur branchennahe Konsumierende ihre Essgewohnheiten hinterfragen. Ob vegane Ersatzprodukte alleine und über die nächsten Jahrzehnte wirklich den notwendigen Wandel bringen, finde ich schwer vorherzusagen. Der Trend, glaube ich, geht aber erst richtig los. Sowohl was die Vielfalt des Angebots angeht - da dürfen wir wohl weiterhin auf bereits etablierte Produkte aus dem Ausland gespannt sein - aber vor allem auch, was die Vielfalt der Herstellungsverfahren und Rohstoffe angeht. Ich denke aus diesem Trend wird weiterhin viel Innovatives entstehen. Was ich dabei besonders spannend finde, ist der Kontext des veganen Trends und wie er mit anderen Bereichen zusammenspielt, zum Beispiel der Thematik Food Waste oder Gesundheit.

 

5. Welchen Einfluss hat die Globalisierung auf das Welternährungssystem?

Spannend finde ich besonders die Dynamik der Globalisierung. Ein Trend, der je nach Definition bereits im 13. Jahrhundert begonnen hat, für uns aber erst so ab den 1980er Jahren wirklich exponentiell zunahm. Und dennoch, auch 40 Jahre später, hat es sich noch nicht ausglobalisiert. Ich denke der Einfluss auf das Welternährungssystem ist enorm und geht weit über das hinaus, was in den nächsten Sätzen Platz hat. Im besten Fall hat dieser Trend einen positiven Impact auf unsere landwirtschaftlichen Prozesse und damit verbunden auch auf die Umweltproblematik. Meiner Meinung nach liegt die Rolle der Globalisierung auch bei der beschleunigten Erweiterung des Angebots an Produkten, Herstellungsprozessen und Erkenntnissen. Im schlimmsten Fall findet lediglich ein Auswechseln von Systemen statt – zum Beispiel von tierischen zu veganen Produkten – und wir ignorieren dabei, dass auch die Produktion dieser Lebensmittel einen Einfluss auf das Gesamtsystem haben. Vielleicht verringern wir kurzfristig den Ausstoss von Treibhausgasen, aber wenn wir bei den neuen Systemen und Produkten nicht mögliche negative Auswirkungen mitdenken und bereits versuchen zu umgehen, dann finden wir uns eventuell in naher Zukunft wieder vor einer ähnlichen Ausgangslage wie heute. Vielleicht können wir die Stärken der Globalisierung nutzen, um die regionale Wertschöpfung zu fördern und regenerative Lösungen anzustreben. Dafür muss verstanden werden, welches die Treiber der heutigen Herausforderungen der Lebensmittelbranche sind, und was möglich Lösungsperspektiven sein können – und genau das behandeln wir im CAS Modul «Geography of Food».