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Psychiatrische Inanspruchnahme und Versorgungsbedarf in der Schweiz

Rund 480‘000 Personen nehmen in der Schweiz innerhalb eines Jahres psychiatrische Behandlung in Anspruch. In welchen Institutionen finden die Behandlungen statt? Gibt es regionale Unterschiede? Wie hoch ist der Versorgungsbedarf?

Unter der Leitung von Peter Rüesch, Leiter Fachstelle Gesundheitswissenschaften an der ZHAW, wurde im Auftrag des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) die Studie "Regionale psychiatrische Inanspruchnahme und Versorgungsbedarf in der Schweiz" erstellt.

Im ersten Teil der Studie wird die psychiatrische Inanspruchnahme in der Schweiz analysiert. Sowohl stationäre (Kliniken) als auch ambulante Angebote (Praxen und "Institutionen") werden berücksichtigt. Anschliessend werden mit den verfügbaren Daten statistische Modelle gebildet zur Schätzung von Inanspruchnahme und Versorgungsbedarf auf regionaler Ebene. Dies erfolgt für jedes der drei psychiatrischen Versorgungsangebote. Zur kompletten Studie

Die Studie, die am 4. Juni 2013 erschienen ist, verfolgt zwei Ziele:

  • Erstens werden die in der Schweiz verfügbaren Datengrundlagen für eine sektorenübergreifende Analyse der psychiatrischen Inanspruchnahme aufbereitet, wobei drei zentrale Versorgungsbereiche berücksichtigt werden: Kliniken sowie ambulante Versorgung in Praxen oder in Institutionen.
  • Zweitens werden basierend auf diesen Datensätzen statistische Modelle zur Schätzung der regionalen (bzw. kantonalen) psychiatrischen Inanspruchnahme und des regionalen psychiatrischen Versorgungsbedarfs in den drei Versorgungsbereichen entwickelt.

Inanspruchnahme psychiatrischer Dienste

Rund 480‘000 Personen nehmen in der Schweiz innerhalb eines Jahres psychiatrische Behandlung in Anspruch. Während fast 300‘000 Patientinnen und Patienten in einem Jahr eine ambulante fachärztliche Behandlung und/oder eine delegierte Psychotherapie in Praxen in Anspruch nehmen, sind es in stationären Einrichtungen knapp 60‘000 Patient/innen und in den ambulanten Institutionen ca. 120‘000 Fälle.

Geschlechterunterschiede in der psychiatrischen Inanspruchnahme zeigen sich am stärksten bei den Patientenzahlen in den Praxen (mehr Frauen). Dagegen gibt es nahezu keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der stationären Inanspruchnahme und nur geringe Unterschiede (mehr Behandlungen von Frauen) bei der Inanspruchnahme von Diensten ambulanter psychiatrischer Institutionen.

Die drei psychiatrischen Versorgungsbereiche zeigen auch einen unterschiedlichen Altersgradienten: So nimmt die Inanspruchnahme bei den Praxen bis zur Altersgruppe der 60-Jährigen stetig zu, um dann bei den älteren Patientinnen und Patienten stark abzunehmen. Bei den ambulanten Institutionen ist die Inanspruchnahme in den jüngsten der untersuchten Altersgruppen (15- bis 24-Jährige) am höchsten und sinkt dann. Bei den Kliniken schliesslich bleiben die Raten der Inanspruchnahme über die Altersgruppen relativ konstant, nehmen aber dann bei den über 70-Jährigen deutlich zu.

Die drei häufigsten Diagnosegruppen insgesamt sind die affektiven Störungen (29 Prozent aller Fälle), die neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen (27 Prozent) und die Persönlichkeitsstörungen (16 Prozent). Vergleicht man die drei Versorgungsbereiche, so zeigen sich teilweise Unterschiede in der diagnostischen Verteilung der Patientinnen und Patienten.

Kantonale Unterschiede

Es zeigen sich deutliche Unterschiede der (rohen) psychiatrischen Inanspruchnahmeraten zwischen den Kantonen, insbesondere in Bezug auf die Patientinnen- und Patientenzahlen in den Praxen und die Fallzahlen in den ambulanten Institutionen, etwas weniger ausgeprägt bei den Kliniken.

Die kantonalen Unterschiede lassen sich (erwartungsgemäss) kaum durch die Alters- und Geschlechterzusammensetzung der Bevölkerung erklären. Hingegen haben einige soziale Indikatoren der Bevölkerungsstruktur einen substantiellen statistischen Erklärungswert wie die Arbeitslosenquote, der Ausländeranteil und der Urbanitätsgrad einer Region. Am bedeutendsten sind jedoch Indikatoren des Versorgungsangebotes (z.B. Anzahl Psychiater/innen pro 10‘000 Einwohner/innen), welche einen Grossteil der Varianz der kantonalen Inanspruchnahmeraten erklären können.

Autor(en): Peter Rüesch, Andreas Bänziger, Sibylle Juvalta
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan)
Neuchâtel 2013, 110 Seiten
Bestellnummer: 1037-1301-05 / ISBN: 978-2-940502-05-9
Erschienen am 04.06.2013

Zur Reihe "Obsan Dossier"

In der Reihe "Obsan Dossier" erscheinen Forschungsberichte, welche Fachleuten im Gesundheitswesen als Arbeitsgrundlage dienen sollen. Die Berichte werden vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium bei externen Expertinnen und Experten in Auftrag gegeben oder intern erarbeitet. Der Inhalt der Obsan Dossiers unterliegt der redaktionellen Verantwortung der Autorinnen und Autoren.

Weitere Informationen sind zu finden unter www.obsan.ch