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Absolventenporträt: IT-Ermittler

Am Ende schnappen die Handschellen zu

Nach seinem Informatik-Studium an der ZHAW School of Engineering startete Andreas Eugster keine klassische IT-Laufbahn. Er bewarb sich stattdessen bei der Kantonspolizei Zürich. Sein Ziel: Internetkriminellen das Handwerk legen.

Die Pistole, die Andreas Eugster am Gürtel trägt, ist echt. Die Kriminellen, gegen die er ermittelt, sind real. Die Plattformen, die sie für so manches Delikt nutzen, sind häufig virtuell. Tendenz steigend. Deshalb dürfte der Bedarf der Polizei an Spezialist:innen mit Informatikkenntnissen für den Einsatz gegen Internet-Kriminalität, wie Eugster einer ist, stark zunehmen. Vor fünf Jahren schloss er sein Informatikstudium an der ZHAW School of Engineering erfolgreich ab. Die Unterrichtsmodule zum Thema Internetsicherheit wie auch die juristischen Fächer interessierten ihn bereits damals besonders. «Mir wurde klar, dass ich mich beruflich im Bereich der Strafverfolgung betätigen möchte», erklärt der Ermittler. «Schliesslich habe ich den Entschluss gefasst, nach meinem Studium keinen klassischen Informatikberuf zu ergreifen, sondern die Polizeischule zu besuchen, um das juristische und polizeitaktische Handwerk zu erlernen.» Natürlich hätte er sich auch als Informatiker bei der technischen Ermittlungsunterstützung der Kantonspolizei Zürich bewerben können. Studierte Informatiker:innen mit praktischer Erfahrung in digitaler Forensik unterstützen dort die Ermittlungen, indem sie beispielsweise gelöschte Daten wiederherstellen, Codes entschlüsseln oder polizeiliche Aktionen von technischer Seite begleiten. «Diese Informatiker:innen sind keine Polizist:innen, tragen aber wichtige Puzzleteile zur erfolgreichen Ermittlungsarbeit bei», sagt Andreas Eugster und ergänzt: «Dennoch wäre mir dieser Job vermutlich zu langweilig gewesen.» Als Polizist will er alle Teile des Puzzles zu einem grossen Ganzen zusammenzufügen; von A bis Z ermitteln, um am Ende die Handschellen zuschnappen zu lassen.

 «Schliesslich habe ich den Entschluss gefasst, nach meinem Studium keinen klassischen Informatikberuf zu ergreifen, sondern die Polizeischule zu besuchen, um das juristische und polizeitaktische Handwerk zu erlernen.» 

Andreas Eugster

Erst Allrounder dann Spezialist

"Als Polizist ist es wichtig, ein guter Ermittler zu sein", sagt Andreas Eugster. "Das entsprechende Rüstzeug holt man sich in der täglichen Arbeit, denn jeder Fall ist wieder anders und bringt neue Erfahrungen." Mittelfristig strebt er eine Stelle als Spezialist in der Abteilung Cybercrime an. Um dies zu erreichen muss er sich seine Sporen erst als Allrounder in Zivil verdienen. "Niemand kommt mit seinem Informatikdiplom zur Kantonspolizei und ist dann Cyberpolizist. Der Weg zu solch einer Spezialisierung ist lang und setzt nebst Fachkenntnissen sehr viel Polizeierfahrung voraus." Diese sammelt er nun in Uster, wo er stationiert ist. Gemeinsam mit seinen Kollegen führt er Ermittlungen in jedem Bereich. Bei der Polizei arbeiten Menschen, mit ganz unterschiedlichen Ausbildungen in einem Erstberuf. Dank dieser heterogenen Mischung bringt jeder individuelle Stärken und fachliche Kenntnisse auf einem bestimmten Gebiet ein.

Betrügern auf der Spur

Andreas Eugsters Fachkompetenz ist gefragt, wenn es um Cyberkriminalität und Betrugsdelikte mit einem Informatikhintergrund geht. Gerade erst hat er einen Betrüger ausfindig gemacht, der in einem Online-Auktionshaus mehr als 20 falsche Benutzerkonten führte und damit Scheinverkäufe tätigte. "Wer auf Online-Flohmärkten einen Artikel ersteht, zahlt in der Regel per Vorauskasse", erklärt Andreas Eugster. Das nutzen Kriminelle aus. "So etwas kann natürlich jedem passieren, aber die Täter sind im Netz nicht gänzlich anonym." Doch selbst wenn sie ausfindig gemacht werden, sind nicht alle Täter geständig. "Wir Polizisten müssen aufgrund der Spurenlage beweisen, dass es sich eindeutig um die Täterschaft handelt." Selbst wenn die Kriminellen auf virtuellen Plattformen ihr Unwesen treiben, ermittelt wird auch in der realen Welt. Andreas Eugster und seine Kollegen müssen alle zeitkritischen Fakten und Informationen sammeln, die Geschädigten befragen und alles Material auswerten. Ausserdem hinterlassen auch Cyberkriminelle stets Spuren ausserhalb des von ihnen als vermeintlich sicher eingestuften Cyberspace: "Innerhalb der Schweiz kann man sich nur schwer ohne schriftliche Registrierungen, Formulare, Quittungen und ähnliches bewegen." Deshalb kommt es vor allem auf die gute Zusammenarbeit zwischen den Fachabteilungen der Polizei an, damit die Ermittlungen zum Erfolg führen. In den vergangenen Monaten hat Andreas Eugster bereits in zwei Fällen mit der Abteilung Cybercrime zusammengearbeitet. Bei einem ging es um eine internationale Verhaftungsaktion, die vom FBI in den USA koordiniert wurde. Weltweit wurden damals zeitgleich dutzende Hacker verhaftet, so auch im Kanton Zürich. Sie alle waren User einer speziellen Hackersoftware. In einem weiteren Fall ging es um Wohnungsbetrug. Die Betrüger priesen online Wohnungen zur Vermietung an, die gar nicht existierten oder bereits vermietet waren. "Solche Betrüger gehen äusserst professionell vor und haben psychologische Fähigkeiten, um Vertrauen zu gewinnen und so gezielt Personen zu beeinflussen", erklärt Andreas Eugster. Verzweifelte Wohnungssuchende hätten zwei Monatsmieten überwiesen, um sich die vermeintlich freie Wohnung zu sichern. Auf die Masche solcher Betrüger könnte jeder reinfallen, sagt Eugster. Jeder? Auch er? "Klar sage ich mir, dass ich nie einem Betrüger auf den Leim gehen würde, aber wer weiss das schon." Je nach Situation oder Lebensphase reagiere man anders.

«Niemand kommt mit seinem Informatikdiplom zur Kantonspolizei und ist dann Cyberpolizist. Der Weg zu solch einer Spezialisierung ist lang und setzt nebst Fachkenntnissen sehr viel Polizeierfahrung voraus.»

Zukunft als Cyberpolizist

Da das Internet keine Landesgrenzen kenne, dient es als Plattform für kriminelle Machenschaften aller Art: "Für Diebe ist es attraktiv, da sie auf diese Weise an viele Personen herankommen. Ich beobachte, wie bei uns jede Woche neue Fälle angezeigt werden, die in irgendeiner Form mit Internetkriminalität zu tun haben und wo ich mein Informatikwissen einbringen kann." Andreas Eugster verliert indes sein grosses Ziel nicht aus den Augen. Um der Abteilung Cybercrime wieder ein Stück näher zu kommen, absolviert er derzeit einen MAS in Economic Crime Investigation: "Das ist eine Weiterbildung im Bereich IT, Forensik und Wirtschaftskriminalität." Bald wird er seine Masterarbeit verfassen. "Die schreibe ich sicherlich zu einem Thema im Bereich Internetkriminalität, am besten in Zusammenarbeit mit der Abteilung Cybercrime." So kommt er seinem Traumberuf wieder ein Stück näher.