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Bachelorarbeit: Klassifizierung von Alarmen im Zugverkehr mittels Machine Learning

Ein Algorithmus analysiert Alarme

Ein System aus Messstationen sorgt im Schweizer Zugnetz dafür, dass bei festsitzenden Bremsen oder überhitzten Achslagern ein Alarm ausgelöst wird. Die beiden Informatik-Absolventen Jona Braun und Marcel Schöni haben in ihrer Bachelorarbeit untersucht, wie gut sich Machine Learning eignet, um die Alarme zu klassifizieren.

Wenn Bremsen festsitzen oder Achslager überhitzen, wird das unter Umständen zur Gefahr für Zugpersonal und Passagiere: Die hohen Temperaturen können zu Bränden führen oder das Material so sehr schädigen, dass Achsenbrüche entstehen und Züge im schlimmsten Fall entgleisen. Damit es nicht so weit kommt, sind über das gesamte Schweizer Schienennetz rund 80 Zugkontrolleinrichtungen verteilt. Mit Infrarotsensoren messen sie die Temperaturen von Achsen und Bremsen vorbeifahrender Züge und lösen – falls ein bestimmter Grenzwert überschritten wird – einen entsprechenden Alarm aus. Der Zug wird daraufhin aus dem Verkehr genommen. Fehlalarme können vorkommen, zum Beispiel wenn eine Dampflok die Zugkontrolleinrichtung passiert, wenn die Sonne direkt auf die Sensoren scheint oder wenn es zu Funkenflug kommt. Darum beurteilt ein Team von Expertinnen und Experten jeden Alarm und kann allenfalls Entwarnung geben.

Daten von 82'000 Alarmen

Die beiden Absolventen Jona Braun und Marcel Schöni haben im Rahmen ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Informatik untersucht, ob die Alarme auch mittels Machine Learning klassifiziert werden können. «Es handelt sich dabei aber lediglich um einen Prototyp – wir wollen die Expertinnen und Experten damit keinesfalls konkurrenzieren oder ersetzen», betont Marcel Schöni. Die Fachleute der SBB unterscheiden insgesamt 27 Klassen von Alarmen: darunter zum Beispiel echte und daher betriebsrelevante Alarme, aber eben auch Fehlalarme aufgrund von Sonneneinstrahlung, Dampf oder Funken. Für ihre Untersuchung griffen die beiden Absolventen auf Daten von 82'000 Alarmen aus den letzten neun Jahren zurück. «Die Daten lagen uns in Form von Temperaturkurven vor. Da es sich um die Daten echter Fälle handelt, wussten wir jeweils auch, um welche Klasse von Alarm es sich im konkreten Fall handelt», erklärt Jona Braun. 

Trefferquote von 98 Prozent

Mit den vorliegenden Daten machten sich die beiden Absolventen daran, verschiedene Algorithmen für ihre Aufgabe zu trainieren. 70 Prozent der Daten verwendeten sie für das Training und teilten den Algorithmen jeweils mit, um welche Alarmklasse es sich handelt. Nach abgeschlossenem Training mussten die verschiedenen Algorithmen die verbleibenden 30 Prozent ohne Hilfe klassifizieren. Das gelang insbesondere einem Algorithmus besonders gut: «Der Algorithmus XGBoost klassifizierte 98 Prozent der Alarme korrekt als echte oder Fehlalarme», berichtet Jona Braun. «Bei der Einteilung in die 27 Alarmklassen lag der Algorithmus in 94 Prozent der Fälle richtig.» Marcel Schöni ergänzt: «Das ist ein ausgezeichnetes Resultat und ein deutlich besseres Ergebnis als das der Systeme, die heute auf dem Feld im Einsatz sind.»  

«Je mehr Klassen wir zusammenlegen können, desto bessere Resultate erzielen wir.»

Marcel Schöni

Weniger Klassen, bessere Resultate

Im Rahmen der Untersuchung zeigte sich, dass auch der beste Algorithmus Schwierigkeiten hat, wenn sich zwei Klassen zu ähnlich sind. «Unser Fazit lautet: Je mehr Klassen wir zusammenlegen können, weil eine Unterscheidung nicht wirklich nötig ist, desto bessere Resultate erzielen wir», erklärt Marcel Schöni. In einem zusätzlichen Experiment beschäftigten sich die beiden Absolventen schliesslich noch mit dem ungünstigsten Fall: ein echter Alarm wird fälschlicherweise als Fehlalarm klassifiziert. «Wir haben das Klassengewicht angepasst; das heisst, wir haben dem Algorithmus quasi mitgeteilt, dass er im Zweifelsfall eher einen echten als einen Fehlalarm angeben soll. Damit haben wir diese spezifische Fehlerquote auf null reduzieren können», schliesst Jona Braun.