«Verschmutzte» Stromnetze zuverlässig überwachen
Das Institut für Energiesysteme und Fluid Engineering (IEFE) der ZHAW School of Engineering entwickelt zusammen mit dem Bundesamt für Metrologie (METAS) ein Messgerät, das durch Photovoltaikstrom «verschmutzte» Stromnetze mit hoher Zuverlässigkeit überwachen und analysieren kann. Damit soll ein wichtiger Beitrag zur künftigen Stabilisierung unseres Stromnetzes geleistet werden.
Erneuerbare Energien sind für unsere Stromversorgung unverzichtbar. Bei allen wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen bringen sie aber auch Herausforderungen mit sich. So hat der Strom, der von einer Photovoltaikanlage erzeugt und von einem Wechselrichter umgewandelt wird, nicht die gleich hohe Netzqualität wie der von einem «rotierenden» Generator erzeugte Strom. Denn die leistungselektronischen Schaltungen von Wechselrichtern weisen keine Rotationsträgheit auf und schalten mit hoher Frequenz. Dadurch gelangen ober- und zwischenharmonische Schwingungen ins Stromnetz und «verschmutzen» es.
Die Netzqualität wurde bisher mit einem Sinusmodell gemessen. Die «Verschmutzungen» durch den PV-Strom führen dazu, dass das Sinussignal «unscharf» wird. Je unschärfer die Netzqualität ist, desto weniger eignet sich das Sinussignal als Vergleichsgrösse. Deshalb muss die Netzqualität künftig mit neuen Messverfahren und Messgeräten ermittelt werden.
Dazu gehören zeitsynchronisierte Zeigermessgeräte – sogenannte Phasor Measurement Units (PMU). Sie sind in der Lage, sehr schnelle, impulsartige Einschwingvorgänge (Transienten) zu erfassen und richtig zu identifizieren. Die PMU überwachen so das Stromnetz und analysieren ständig das Netzgeschehen. Sie erkennen trotz der Verschmutzung durch den PV-Strom, wenn ein Problem – bspw. ein Kraftwerksausfall oder ein Kurzschluss – auftritt. Darüber hinaus tragen sie zu einem besseren Verständnis bei, wie der Strom durch das Netz fliesst und ob es irgendwo Engpässe gibt.
Die heute erhältlichen PMU sind noch zu wenig genau und zu langsam, um potenzielle Bedrohungen der Netzstabilität rechtzeitig zu erkennen. Hier setzt das IEFE-Projekt an. Das Forschungsteam will einen neuen PMU-Prototyp entwickeln, der einerseits eine hohe Genauigkeit unter dynamischen Bedingungen aufweist (Frequenzfehler unter 100 mHz). Andererseits soll der Prototyp die Daten mit einer geringen Latenzzeit von deutlich weniger als 100 ms zum Webserver hin- und zurücksenden. Und nicht zuletzt müssen die neuen PMU kostengünstig bleiben, damit sie an wichtigen Punkten im Netz installiert werden können.
Damit sollen die von der ZHAW entwickelten PMU auch in «verschmutzen» Stromnetzen genaue und synchronisierte Messungen von Strom und Spannung liefern und dazu beitragen, dass das Stromnetz sicher und stabil bleibt.
Projektname
Messung und Quantifizierung der Trägheit elektrischer Energiesysteme zur Unterstützung der Integration erneuerbarer Energien (QUINPORTION)
Projektteam an der ZHAW
Miguel Gonzalez, Rafael Segundo, Artjoms Obusevs, Petr Korba
Projektpartner
Eidgenössisches Institut für Metrologie (METAS)
Swissgrid AG
Hitachi AG
Drittmittelgeber
Bundesamt für Energie (BFE)
Projektdauer
November 2024 bis 2026
Publikationen
https://www.zhaw.ch/de/forschung/forschungsdatenbank/projektdetail/projektid/5560/